Teil 3: Rettungs-Ranger für Notfälle und die Löwen-Besteigung
22. Mai 2022
Ohhhh prächtiges, wanderbares Mauritius! Du hast mein Herz im Gipfelsturm erobert!
26. Februar 2022 – Heut ist Wandertag! Latschen bis die Socken glühen, bei der subtropischen Hitze schon sitzend im Bus der Fall. Seit 5 Tagen treibe ich auf der Insel mein Unwesen. Nach beschwerlichem Anreise-Entertainment (hier der Bericht zum Nachlesen) waren die ersten Tage zwar weniger actionreich, dennoch sehr unterhaltsam (und noch mehr Lesefutter da).
Die güldene Morgenstund kredenzt kuschlige 28 Grad zum Kaffee. Betriebstemperatur, der Kadaver frohlockt. Bin gutgelaunt, hochmotiviert und voller Tatendrang!

Ich konnte ein paar Stunden Schlaf ergattern und hatte tatsächlich eine Nacht, die den Namen verdient! Scheinbar hatten selbst die Moskitos keinen freien Platz mehr an meinem Körper-Buffet gefunden. Rasch das Notwendige zusammengepackt, Abstecher zum Markt um die Mittagspausen-Verpflegung sicherzustellen (Roti, what else) und direktomundo zum Busbahnhof.
Unterwegs im Valleé de Ferney – Open Ferney Trail
Der Bus schmeißt mich nach knapp 20 Minuten Fahrt am Eingang des Vallée de Ferney raus. Das private Landschaftsschutzgebiet ist über 3.100 Hektar groß und liegt, mit Blick auf die Bucht von Mahébourg, am Fuße des Löwenbergs, dem Montagne du Lion. Die letzten endemischen Wälder der Insel sind dort beheimatet. Soviel zum botanischen Teil.


Eine Palmenallee umrahmt die Straße zum Bürogebäude mit der Rezeption. Bei einer freundlichen Mitarbeiterin zahle ich die Eintrittsgebühr (gut investierte 8,- Euro) und verkünde strahlend meine Mission „Hiking!“ Ich erkundige mich nach den möglichen Trails. Auf die Frage, ob ich den 20 Kilometer langen Open Ferney Trail laufen wolle und ob ich alleine unterwegs sei, nicke ich eifrig. Die nette Madame führt mich zur Schautafel vor der Tür und erläutert: Blaue Markierung 5 Kilometer Trail, gelbe 13 und rote 20 Kilometer. Hirn ausschalten und einfach den farbigen Holzpflöcken nachlaufen, super beschildert. So so. Aber wenn ich doch „lost“ gehe, frage ich skeptisch? Dann könne ich einfach bei ihr im Büro anrufen und ein Ranger eile zur Rettung. Mit dem Plan lässt sich’s arbeiten. Auch wenn mich die angegebenen 970 Höhenmeter bei den Temperaturen etwas zucken lassen.



Alla gut, nochmal alle aufs Klo, dann reiten wir los. Ich starte alles an Technik was ich besitze (Garmin und komoot) und stiefele entschlossen los. Im Kopf verteile ich parallel die Kilometer auf die Zeit und plane vorfreudig mein Futter-Roti dazwischen ein. Die Kulinarik soll auch in der Flora und Fauna nicht zu kurz kommen.




Ich kann wirklich nicht gebührend in Worte fassen, was sich meinen Augen, Ohren und der Nase auf den 20 Kilometern bietet! Immer wieder gibt es unterwegs Viewpoints, auf die man steigen kann. Gerne würde ich die Gerüche so erklären, dass ihr riecht was ich schreib. Von blumig-süßlich über kräuterig-würzig, erdig-muffelnd, es ist alles dabei. Untermalt wird dies von einer Geräuschkulisse, die sich ebenso kaum schildern lässt: Extrem lautes Zikadengezirpe, dann ad hoc Stille als lege der Tinnitus Pause ein. Durch den Dschungelurwaldvogelsound dringt irgendwann ein großes Geräusch aus dem Wald. Ja, es gibt „große“ Geräusche. Kleines Geräusch isses, wenn ein Vogel durch die Blätter flattert. Das hier klingt, als würde ein unsichtbares Mammut Limbo unter Baumstämmen tanzen. Gespannt spähe ich in die Wallachei, kann aber nichts herausfinden. Wenig später schrecke ich einen riesigen Rehbock (oder was auch immer das ist) auf, der sofort flüchtet. Vielleicht war er der Verursacher.





Das Wetter ist maximal flexibel: Sengende Hitze, Wolken mit Wind, warme Regenschauer, dann wieder Sonne, ständig abwechselnd. Der Trail führt über sandbraune breite Pfade, kleine Bäche, durch tiefen Mappel und Pfützen, über Steine, durch Palmenhaine und Wiesen. Vielseitiger geht kaum! Damit’s nicht langweilig wird, kommen immer wieder knackige und schweißtreibende Anstiege. Irgendwo müssen die Höhenmeter ja herkommen.
Durch hüfthohes Gras stapfe ich die Wiese hinauf. Ich fühle mich wie ein Ackergaul, weil die Drecksfliegen ununterbrochen versuchen, mir in die Augen und Ohren zu fliegen, während die Sonne unermüdlich auf mich bruzelt. Ich bin eine wandelnde Getränkebar mit Flatratesaufen für Mücken. Boah ist das nervig. Wie soll man sich denn so auf die herrliche Gegend konzentrieren?! Schutzsuchend rudere ich mit verzweifelten Taiji-Bewegungen vorm Gesicht herum. Selbst für die Sonnenbrille isses zu heiß. Alles muss raus ausm Gesicht!


Und dann – nach einem eeeewigen Anstieg – der Lohn der Plackerei: MEER!!! Oberste Eskalationsstufe auf der Richterskala der ungefilterten Freude! Wer würde auch Meer erwarten, auf einer Insel…


Super Zeitmanagement, trotz ausgiebigen Fotosessions komme ich passabel voran. Um 16:30 Uhr muss ich nämlich zurück sein, der Park schließt um 17 Uhr. So ein Mist, warum habe ich nicht den Ranger vorbesichtigt?! Vielleicht hätte es sich ja gelohnt, sich doch mal kurz zu verirren und vom braungebrannten, ansehnlichen Mauritiushelden in Nationalparkwanderuniform (sabber) retten zu lassen. Ärgerlich, meine Fahrlässigkeit. Allerdings müsste Retter-Ranger auf Dummheit stehen, um bei ihm zu landen. Wer sich bei diesen idiotensicheren Markierungen verläuft, ist wahrlich die personifizierte Lebensunfähigkeit! Der Ranger ist bestimmt alt, fürchterlich usselich und hat nen Bierbauch, rede ich mir meine Inaugenscheinnehm-Schludrigkeit schön, während ich mir zufrieden nach 16 Kilometern das verdiente und überaus schmackhafte Roti einverleibe.


Am Ende brauche ich für den Trail keine 5 Stunden, obwohl ich teils ziemlich langsam bin, weil es entweder sau steil oder sehr rutschig ist. Oder das Gras zu hoch (muss mich grad selbst auslachen, bei all dem mimimi). Und ich muss dauernd stehen bleiben, um ganz irre viel das grandiose Panorama in mich aufzusaugen! Das Leben beginnt dort, wo die Zeit egal ist.



Die Höhenmeter fallen mit knapp 600 (sagt zumindest Garmin) deutlich geringer aus als erwartet. Technisch schwer (wie angepriesen) ist der Trail definitiv nicht, konditionell anspruchsvoll und nicht ganz unanstregend hingegen schon. Und sehr, sehr abwechslungsreich. Die Temperaturen und die enorm hohe Luftfeuchtigkeit sind nicht zu unterschätzen. Es gibt unterwegs keine Versorgungsmöglichkeiten, weswegen man ausreichend Flüssigkeit (und Roti) mitnehmen muss.

Verstochen, verschlammt, Sonnenmilch-Moskitospray-schweißverbabbt und die Strümpfe voller Kletten, stehe ich randvoll mit Endorphinen an der Rezeption. „Finished? You did the 20 Kilometer?“ strahlt mich die Park-Frau von heute Morgen an. Yes, I did it sowas von! Könnt ich grad vielleicht mal eben nen Blick auf den Ranger, ääähhh, lassen wir das.


Ich streife noch kurz durch den Botanischen Garten nebenan und schlendere zur Haltestelle an der Hauptstraße. Der Bus kommt wohl alle 15-20 Minuten. Ich bin kaum da, kommt er schon angetuckert. Kurzes lässiges Winken (bin mittlerweile Profi-Busmitfahrerin) und er sammelt mich ein. Keine viertel Stunde später hock ich, glücklich ausgetobt, mit einem erfrischenden Ananas-Kokos-Getränk in Mahébourg. Wenn’s läuft, läufts.


Die genaue Strecke mit vielen weiteren Fotos habe ich bei komoot getrackt. Wer es sich ansehen möchte findet hier die weitere Infos: https://www.komoot.de/tour/683839710?ref=aso
Sänk yuh for träwweling wiss public bus und Frühstück, die wichtigste Mahlhzeit des Tages
27. Februar 2022 – Letzte Nacht hat es ewig gedonnert und kräftig geschüttet. Uuuhhh, ich liebe Sommernachtgewitter!
Für heute steht der Montagne du Lion auf dem Plan. Seinen Namen hat der Berg, weil er aussieht wie ein liegender Löwe mit felsigem Kopf. Er gehört zum Grand Port Range Gebirge und liegt im Südosten, nicht weit weg von Mahébourg. Der Berg ist gerade mal 480 Meter hoch. Dennoch lautete die Empfehlung meines Hostel-Mann-für-alle-Fälle, um 6 Uhr zur Bergtour aufzubrechen. Kann mich so früh leider wegen massiver Bettanziehungskraft nicht aufraffen. Die Logik erschließt sich mir auch nicht ganz: Die gestrige Tour war fast viermal so weit mit mehr Höhenmetern. Vielleicht nicht ganz vergleichbar mit der Besteigung des Montagne du Lion, aber die Sonne hatte nicht minder geknallt. Alles eine Frage des Willens! Und ich will länger liegen. Dafür nehm ich schweißtreibendes UV-Gegrille in Kauf.
Die Empfehlung lautete streng genommen, den Lion nicht zu besteigen, weil es aktuell sehr matschig und absolut kein Vergnügen sei. Und wegen dem ganzen Matschgedöhns herrsche dort auch Moskito-Kriegsgebiet. Tatsächlich hat mich die Warnung grübeln lassen. Also Plan B, wieder eher „normal“ wandern. Ach, ich und Pläne… das will irgendwie nicht so recht passen. Der Löwe spukte mir schon daheim im Kopf rum und jetzt lechzen die Finger nach Felskontakt. Draufgeschissen! Ich fahr da mal hin und guck mir die Sache vor Ort an. Loslaufen, Eindruck verschaffen, notfalls kann man immer noch umdrehen. Es gibt nix zu verlieren.
Weil in der Ruhe bekanntlichermaßen die Kraft liegt, schiebe ich mir gemütlich Baguette mit Butter zwischen die Kiemen und kippe zwei anständige Pötte Kaffee hinterher. Minimalistisch Geraffel zusammenpacken und ab zum Bus. Bei Betreten des Busbahnhofs verabschieden sich wie durch Zauberhand Geduld und Ruhe. Ich will sofort los. Läuft aber nicht nach persönlicher Willkür. Nach einer gefühlten Unendlichkeit zockelt der Bus in Seelenruhe und Schrittgeschwindigkeit durch ganz Mahébourg. Der Fahrer braucht Frühstück. Er parkt mitten auf der Straße an einer Kreuzung, damit sein Kompagnon ihm am Straßenkiosk die kulinarische Bestellung organisiert.
Bloß keine Eile. Man kann auch an einer menschenleeren Haltestelle minutenlang parken und auf weitere vielleicht eintreffende Opfer, äh Fahrgäste warten. Niemand mag mit. Der Fahrer hat zwischenzeitlich fertig gespeist, die Kohlenhydrate sind in Energie umgewandelt. Hupe angeschmissen und ab dafür! Endlich. Jetzt schön das Pedal durchtreten, der Löwe ruft, ich muss da noch im Hellen hin.
Der Löwe brüllt – Besteigung des Montagne du Lion
Freundlicherweise werde ich auch heute wieder punktgenau rausgelassen, an der Polizeistation in Vieux Grand Port. Dem offiziellen Start der Tour. Der guten Ordnung halber trete ich in der Dienststelle an und gebe gesetzestreu Rapport über mein Vorhaben. Schadet nie, die Polizei zu involvieren. Spart später wertvolle Zeit beim Suchen, falls ich verschütt gehe. Ich lerne schließlich aus meinen Fehlern und nochmals passiert mir ein Fauxpas wie die verpasste Ranger-Rettung nicht! Die höfliche Polizistin freut sich für mich, intensiv interessiert ist sie allerdings nicht. Es wird zumindest nichts protokolliert. Sie zeigt hinter sich aus dem Fenster und erklärt, dort sei mein Weg.




Eine schmale Teerstraße führt durch eine kleine, sehr ländliche Wohngegend, vorbei an ausgeschlachteten Fahrzeugen, Wellblechhütten und spartanischen Häusern. Souverän folge ich der roten Markierung. Anfangs nicht zu übersehen. Dann isse plötzlich weg und taucht nicht mehr auf. Ich hatte gelesen, dass die Tour mit lokalem Guide empfohlen wird, da die Markierung nicht durchgängig gegeben und die Wegeführung nicht immer eindeutig sei. Generell sei es aber alleine durchaus machbar, so die Männers meiner Hostelrezeption. Den Berg vor Augen, kämpfe ich mich durch die dichten Zuckerrohrfelder weiter auf dem vermeintlichen Weg. Ein prüfender Blick auf mapsme (funktioniert glücklicherweise offline) lässt erkennen, dass ich völlig vom Weg abgekommen bin. Nun wächst mir biologisch bestes Zuckerrohr über die Ohren und ich habe weder Rum noch Limetten, geschweige denn Eiswürfel für nen Caipirinha zur Hand. Das Leben kann so grausam sein. Nicht mal ne Machete hab ich einstecken. Meine Survivalfähigkeiten lassen zu wünschen übrig. Querfeldein arbeite ich mich durch das Dickicht, immer genau auf die Linie zulaufend, die im Handydisplay meinen Weg darstellt. Die Blätter zimmern mir ins Gesicht und zerkratzen meine Beine. Nach mühsamem Kampf taucht schließlich wieder die rote Markierung am Boden auf. Ich glänze nicht gerade mit Professionalität und die wirkliche Herausforderung kommt erst noch!

Der Pfad führt zum Rücken des Löwen und ich stoße auf Treppenstufen. Ich erinnere mich an die Beschreibung, dass es dort raufgeht. Um die 100 Stufen, genau genommen. Sieht spannend aus. Ist es auch. Es wird dschungeliger. Wieder mal keine Menschenseele in der Walachei unterwegs. Wie gestern. Lediglich in einziges Pärchen mit Führer (der mir zwinkernd „bon courage“ wünschte) kam mir zu Beginn auf dem Ferney Trail entgegen, ansonsten völlige Einsamkeit. Heute höre ich zumindest Stimmen. Also im Grunde wie daheim tagtäglich.


Mir begegnen sicher noch Wanderer, die Besteigung ist ein Klassiker, mache ich mir Mut. Konsequent stiefel ich höher nach oben. Positiv überrascht, wie trocken der Boden ist. Noch. Es wird felsig und ein roter Pfeil zeigt unmissverständlich „do geht’s nuff“. Überraschenderweise beginnen bereits hier Kletterpassagen in leichtem Gelände (Kletterer würden es als „Gehgelände“ bezeichnen). Mit etwas Erfahrung kein Problem, aber ohne das Gefühl für Felsen und Schwindelfreiheit hätte ich mich schwer getan.




Nach einer Passage über einen felsigen Grat, eröffnet sich ein unfassbares Bild! Die grenzenlose Weite des Indischen Ozeans, unter mir die grüne Hölle aus Zuckerrohr, Palmen und Bäumen, durch die ich mich durchgewurschdeld habe. Bis zum Gipfel fehlt immer noch ein gutes Stück. Mapsme zeigt an, dass gerade mal ein Drittel der Besteigung geschafft ist. Ganz wohl ist mir nicht bei dem Gedanken, ganz alleine zum Gipfel zu klettern. Das ist mir etwas zu heikel und so plane ich, nur bis zur Gabelung am östlichen Aussichtspunkt und von dort über den südöstlichen Trail die Rundtour zu laufen. Erwähnte ich schon, dass Pläne und ich…



Psychotraining im Dschungel
In der Ferne donnert es. Ich schraube mich weiter durch die Hitze in die Höhe. Die Kletterei wird von tropischem Dschungelabenteuer abgelöst. Der Pfad ist verschlammt und rutschig. An Bäumen und Wurzeln ziehe ich mich über den aufgeweichten Boden hoch. Also DAS laufe ich nicht mehr runter! Glücklicherweise gibt es ja den anderen Abstieg. Hunderte Moskitos umschwirren mich trinkgierig. Stehenbleiben ist das ultimative Todesurteil. Hektisch kippe ich eine neue Ladung Tropical-Repellent über mich. Wehe ein einziger Rüssel wird irgendwo in meine Gliedmaßen versenkt, drohe ich den Blutsaugern.
Nach über einer Stunde rumgedschungel hüpft mir leichtfüßig ein athletischer Trailrunner vor die Nase. Wir kommen ins Gespräch und er bestätigt mir, dass am Gipfel einige Leute seien. Große Erleichertung, ich bin nicht alleine. Mein Vorhaben, den südöstlichen Trail abzusteigen, sei technisch etwas schwieriger als der Weg hier, erklärt er mir. Ähh, das ist ungünstig. Wäre ja auch zu einfach gewesen. Es donnert und ich will ihn nicht länger aufhalten, also weiter. Welch nette Begegnung.
Seltsames Gedudel dringt in meine Ohren. Klingt wie… eine Spieluhr? Mitten im Urwald, am Berg, im Nirgendwo? Ist ja wie in ’nem schlechten Horrorfilm! Ich warte, ob die Mörderpuppe Chucky hinter einer Palme auftaucht oder Clown Pennywise mit einen roten Luftballon vorbeifliegt. Das Kopfkino rattert munter Filme ab. Könnte auch bloß ein Eiswagen sein, dessen Melodie vom Tal heraufgetragen wird. Ich erinnere mich zumindest nicht, dass bei Freddy Krüger und Konsorten „Für Elise“ flötete. Davon lasse ich mich jedenfalls nicht aufhalten.
Ui, das ist aber steil hier! Keine schwere Kletterei aber ein durchaus anspruchsvoller Hike. Die Erklimmung des Felsens belohnt mit noch grandioserer Aussicht! Ein erneuter Navigations-Check verrät: Bääätsch!! Längst vorbei am Aussichtspunkt und bereits auf dem letzten Stück zum Gipfel! WAS?! Fast oben? Wie kann das sein?? Da war doch gar kein Abzweig! Mooooment, vorhin wunderte ich mich doch, dass an einer Bananenstaude jeweils auf Vorder- und Rückseite rote Farbe war. Das war also die Gabelung und der Punkt an dem ich abbiegen wollte.

Ein junges Pärchen taucht hinter mir auf, Einheimische. Dankbar über die unerwartete Gesellschaft frage ich die beiden, ob ich mich ihnen beim Rückweg anschließen dürfte. Sie werden den selben Weg absteigen, ich könne gerne mit ihnen rauf und auch runter, bieten sie an, aber sie seien langsam. Erleichtert laufe ich weiter. Das letzte Wandstück taucht auf. Es geht steil den Felsen rauf, generell machbar, allerdings ist alles schmoddrig, nass und komplett rutschig. Ich lasse die beiden vorbei und beobachte, wie er sie von unten die schmierige Wand raufschiebt. Ich steige auf den ersten Absatz und hadere. „Komm, es sind nur noch 10 Minuten. Wenn sie hochkommt, kannst du auch,“ insistiert der neue Weggefährte. Die innere Stimme pienzt, der Bauch knurrt. Nicht aus Hunger. Es donnert wieder. Durch das Blätterdach sehe ich ein kleines Stück blaugrauen Himmel, dort hinten schüttet es. Hoch geht immer irgendwie, aber komme ich die Schlonze mit meinen normalen Laufschuhen da wieder am Stück runter? Das Gelände ist stellenweise recht abschüssig. Maßgeblich besser ist der Ausblick da oben nicht mehr, der war etwas tiefer schon überragend! Vernunft und Respekt (und etwas Muffe) siegen. Ich gehe nicht rauf, entscheide ich. Er nickt und erklärt, sie machen oben Rast und kommen danach zurück. Ich könne warten, mich ihnen anschließen oder einfach schon mal vorlaufen. Ich danke den beiden herzlich und mache mich langsam auf den Abstieg aus dem Dschungel. Aus einem trockenen Palmenstengel baue ich mir einen Wanderstock, mit dessen Hilfe ich die Matschbahn runterrutsche. Geht besser als erwartet.

Als ich aus dem Urwald komme und das offene Plateau erreiche, entfaltet sich das atemberaubende Ozean-Panorama vor mir. Auch wenn ich nicht am Gipfel war, kam ich weiter als geglaubt. Alleine. Hätte ich heute morgen nicht gedacht. Ungefiltertes Glück und Stolz kribbeln im ganzen Körper. Es ist früh, 12:20 Uhr. Mittagspause! Genüsslich kaue ich mein Roti, den Blick auf die blaue Schönheit tief unter mir getackert. Ich kann kaum begreifen, wie unfassbar wundervoll alles um mich herum gerade ist.



Es donnert immer mehr. Besser keine Zeit mehr verlieren. Wenn es anfängt zu regnen, wird’s verdammt blöd am Fels. Ich steige bis zur Gabelung hinab und entscheide, doch lieber wieder den gleichen Weg zurück zu nehmen. Zumindest kenne ich den, das Risiko lässt sich eher einschätzen. Es war technisch nichts tückisches dabei, ich habe Zeit, mache ich mir klar. Nachdem es so gut durch den unangenehmen Dschungelmappel ging, wird die Abkletterei am kompakten Felsen ein regelrechtes Vergnügen. Beschwingt fängt die Stimme im Kopf an zu singen: „Awimbawey, awimbawey, awimbawey“, der imaginäre Chor schmettert dazwischen „Aaauuiieeeeehhhh iawimbauweeeeey, in the jungle, the mighty jungle, the lion sleeps tonight!“


Ich gebe Gas und brauche keine Stunde, bis mich der Montagne du Lion wieder unversehrt (die neuen 85 Moskitobeulen unberücksichtigt) ausgespuckt hat. Diesmal ohne die ausschweifende Panoramatour durch das Zuckerrohrfeld. Was für ein Abenteuer! Ich laufe einige Kilometer weiter durch den ganzen Ort Vieux Grand Port zum benachbarten Vallée de Ferney.





Im Hintergrund der Montagne du Lion
Während ich die Hauptstraße durch die Pampa entlanglatsche, kommt hinter mir der Bus an. Mein kurzes Winken hält ihn mitten auf der Straße an. Er lässt mich reinspringen und bringt mich zurück nach Mahébourg.
Montagne du Lion auf der Bucketlist: Haken dran!

Auch diese Tour findet ihr mit vielen weiteren Fotos bei komoot: https://www.komoot.de/tour/685180420?ref=aso

Die erste Woche Mauritius ist vorüber. Zwei weitere Wochen folgen. Ich bekomme Gesellschaft und siedele zum südwestlichen Teil der Insel um. Noch mehr Wanderungen, noch mehr Abenteuer. Bald schon kommt der nächste Teil. Hier kommst du nochmals zum Rückblick.
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Ein Gedanke zu “Mauritius – Naturparadies für Aktive”