30. Januar 2021
Dank dem Aufruf der lieben Annette zur Blogparade „Fit halten im Urlaub“ (zu finden auf ihrem netreisetagebuch), entstand dieses sportliche Reise-Resümee. Tja, was soll ich sagen?! Das Thema passt wie Po auf Pott bzw. wie Laufschuhe ins Reisegepäck.
Wegen eines Fabrikationsfehlers bin ich nämlich nicht in der „Couchpotatoe-Ausführung“ erhältlich, sondern lediglich in der internationalen Sonderedition „Aktiv-Frettchen mit Bewegungsdrang“. So ist mir ein umso größeres Vergnügen, euch einen Einblick in wortwörtlich bewegende Reisen zu geben.
Reisen und Sport = Traumkombi
Fakt ist, ich brauche aktive Abwechslung! Daheim wie auf Reisen. Eintönigkeit ist tödlich. Ein all inklusive Clubhotel Urlaub im Liegestuhl wäre mein ultimativer Killer. Selbstverständlich kann ich auch hervorragend liegen und mit einem guten Buch stundenlang relaxen. Wenn ich mich zuvor ordentlich ausgetobt habe…

Meine Reisedomizile müssen mir die pure Natur ungefiltert um die Ohren klatschen. Ich möchte mich frei bewegen, mit den Menschen in Kontakt treten und in das Land eintauchen können.
Es ist ja nicht so, als wäre Reisen an sich nicht schon recht anstrengend. Aber deswegen eine Sportpause einlegen? Nö, kommt gar nicht in Frage.
Der sportlichen Kreativität werden keine Grenzen gesetzt: Zum Warm-Up mit prallvollem Rucksack von einem Ort zum nächsten tingeln, während man dabei die Straßen auf der Suche nach einer Unterkunft ablatscht, stärkt zugleich die Rückenmuskulatur 🙂 Ist das Nachtlager bezogen, werden die Laufschuhe an die Füße getackert. Der Spruch „Nur wo man zu Fuß war, war man wirklich“ trägt viel Wahrheit in sich. Man bekommt einfach ein anderes Gefühl und Verständnis für das Land und seine Einwohner.
Dabei kam ich zum Laufen aus reiner Verzweiflung; es gab tagelang (Weihnachten bei meinen Eltern) keine sonstige Sportmöglichkeit. Gefährlich für mein direktes Umfeld. Aber was habe ich es gehasst! Lieber Brechdurchfall als Jogging. Irgendwann liefs plötzlich mit dem Laufen. In der aktuellen Corona-Situation – geschlossene Fitness-Studios und wetterbedingt stark eingeschränkte Optionen – bin ich irre froh, zum Laufen gefunden zu haben. Definitiv ziehe ich Outdoor-Sport dem Fitness-Studio vor. Aber bei Kälte, Regen und Winter pienz ich schon mal rum. Da lob ich mir die Bespaßung ansehnlicher Trainer im heimeligen Fitnesstempel. Geht leider momentan nicht. Deshalb ist Laufen so praktisch. Kannste immer machen. Auch bei kaltem Nieselregen. Überall. Passt sogar ins Reisegepäck.

Es kann allerdings vorkommen, dass man in diversen Teilen der Welt als sonderlicher Exot auffällt, trabt man schnaubend durch die Prärie. In Myanmar erntete ich so manch belustigtes Grinsen von Mönchen oder begeistertes Kinderwinken. Sowie irritierte Blicke etlicher Burmesen, die die rennende Europäerin vermutlich für hochkarätig bekloppt hielten.
Stört mich alles nicht. Ich laufe. Auch bei 40°c tropischer Mittagshitze. Dann glüht eben die Birne, schmilzt die Sohle und läuft die Brühe sintflutartig. Ich laufe auch lange Sandstrände zwischen Leguanen entlang, wenns sein muss.

Schwieriger wird es hingegen in höheren Lagen, beispielsweise in Ecuador. Bei Laufversuchen auf über 2.800 Metern geht ganz flott die ächzende Dampflock an und die Gangart rapide runter.
Und dann wäre noch die „Risikosportart“ Ver-Laufen zu erwähnen: Wo man fremd ist, da verläuft man sich auch mal. Nicht, dass mir das nicht auch Zuhause passiert. Ich kratze da regelrecht an der olympischen Disziplin. Macht aber nix. Verlaufen erhöht neben den Zusatzkilometern schließlich auch die Ortskenntnis. Außerdem sieht man viel mehr.
Der Weg ist das Ziel oder „ich muss da rauf“
Apropos Höhe. Mir kann’s kaum hoch genug sein. Das bringt die Kletterleidenschaft wohl so mit sich. Während ich Reisen niemals in die Kategorie Urlaub stecken würde, verhält es sich anders, wenn ich zum Klettern unterwegs bin. Das ist dann schon Urlaub. Spätestens beim ersten Glas Vino zum Sonnenuntergang vorm Zelt. Das wundervolle an dieser Sportart ist, dass man in Regionen kommt, die dem Ottonormal-Touri verschlossen bleiben und in die es einen normalerweise gar nicht verschlagen hätte. Ich hing im tiefsten Hinterland Spaniens, Kroatiens, der Türkei oder Frankreich an steilen Felsen und Klippen am Meer, fernab von jeglicher Zivilisation, das ist schon sehr besonders!

Mal ganz zu schweigen von den absolut liebsten Lieblingsbergen, den Dolomiten. Dort wurden etliche Schweißtropfen in alpinen Kletterrouten und auf Klettersteigen zwischen Hütte A und Hütte B, mit komplettem Geraffel auf dem Rücken, vergossen. Aber genau das ist meine Definition von Urlaub und Erholung. Ich brauche Herausforderungen, Verausgabung und Erschöpfung, um mich lebendig zu fühlen. So anstrengend und kräftezehrend diese Urlaube und insbesondere lange Reisen sind, gleichzeitig knallen sie wieder die Akkus mit Lebensfreude und positiver Energie randvoll. Berge sind das non plus ultra, dem Alltag zu entfliehen, sich sportlich zu verausgaben und eigene Grenzen zu verschieben. Nirgendwo kommen Geist und Seele so zur Ruhe. Wo keine Autos und Seilbahnen die Menschenmassen hin karren. Fernab der verrücken Welt „da unten.“



Im Gegensatz zum geselligen Klettern, ziehe ich auch ausgesprochen gern alleine durch die Welt. Um mich sportlich auszutoben komme ich dabei bisweilen auf abenteuerliche Ideen: In Nicaragua nutzte ich beispielsweise die Gelegenheit, mit einem Bergführer den Vulkan Maderas auf der Insel Ometepe zu besteigen. Ein sehr kräftezehrendes und schlammiges Unterfangen. Auf Galapagos wurde die Strapazierfähigkeit der Wanderschuhe beim langen Marsch zum Vulkan Sierra Negra getestet. Oder ich stellte die Höhentauglichkeit am Chimborazo, Ecuadors höchstem Berg, auf die Probe.


An guter Wandergesellschaft erfreue ich mich natürlich auch sehr. Seit vielen Jahren haben die Mädelstouren mit meiner treuen Freundin und Reisebegleiterin Janine eine hochheilige Tradition. Was einst als kleiner Wochenend-Städtetrip begann, ist zu ansehnlichen Wandertouren herangewachsen. Inzwischen haben wir Malta’s Küstenlandschaft, halb Sao Miguel (Azoren) und große Teile Teneriffa’s plattgelatscht. Ich kann euch garantieren: Der leckere Wein am Abend schmeckt doppelt besser, wenn man den Kadaver den Tag über sportlich gefordert hat.


Mit dem Drahtesel durch die Wallachei
Mit einem Fahrrad die Fremde zu erkunden ist ebenfalls recht unterhaltsam. Oftmals kann man für kleines Budget einen Drahtesel leihen und Entdeckungstour mit körperlicher Aktivität verbinden. Eine gewisse Robustheit sollte man vielleicht am Start haben. Wenn ich an die Rostgurke denke, auf denen man mich durch die Tempelstadt Bagan in Myanmar holpern ließ, fällt das nur noch indirekt in die Kategorie Sport. Der Vorteil, man kommt zügiger voran als beim Laufen, sieht mehr und kann an schönen Plätzen einfach anhalten und die Seele baumeln lassen.
Auf Galapagos bekam ich eine regelrechte Mountainbike Luxusversion, auf der ich Po und Beine malträtierte und dadurch keinen Bus benötigte, um zu einem 22 Kilometer entlegenen Riesen-Zwillingskrater zu gelangen.


Hintern hoch und raus in die Welt
Egal ob radelnd über Inseln, ächzend und schnaufend auf Vulkane, schwitzend über Südamerikas heiße Pflaster rennend, Rucksackschleppend durch alpine Felslandschaften, wandernd mit Lieblingsmenschen grandiose Landschaften genießend, Kanu und Zelt paddelnd über den Missouri River in Montana (ja, auch so’n Quatsch hab ich gemacht), mit Haien und Riesenschildkröten mitten im Pazifik schnorchelnd, oder in Corona-Zeiten heimische Mikroabenteuer vor der Haustüre erleben, es gibt immer und überall etwas zu entdecken.





Fernwanderweg Neckarsteig, rund 128 Kilometer mit 3.130 Höhenmeter (hier Burgen-Etappe Neckarsteinach)

Die Füße leg ich dann hoch, wenn ich im Seniorenstift auf dem Ohrensessel an meiner Kaffeeschnabeltasse nuckel.
Die Welt wartet auf dich. Du musst bloß den Hintern hochkriegen und loslegen. Es liegt an dir. Auf welchen sportlichen Umfang man das Ganze ausdehnt, kann jeder individuell für sich entscheiden. Aber wenn wir alle eine Sache in 2020 gelernt haben sollten, dann Dankbarkeit dafür, gesund zu sein und sich bewegen zu können. Und wenn die lang ersehnte Zeit des Reisens wieder kommt, werden wir auch diese Freiheit noch mehr zu schätzen wissen. Denn nichts von alledem ist selbstverständlich.
Bleibt gesund, aktiv und neugierig auf die großen und kleinen Wunder um euch rum!