ECUADOR – 34 TAGE ABENTEUER HOCHDOSIERT, BITTE!

Teil 8: Caramba in Riobamba und höhenkrank am Chimborazo

30. November – 3. Dezember 2019

Der Dschungel hat mich verbabbt ausgespuckt (Bericht Teil 7). Seit Mitternacht bin ich zurück in Baños.

Die Rückfahrt war speziell… Nach der tropischen Dschungelhitze kämpfte der Körper mit der Kühlschrankkälte im Bus. Unterwegs stoppte uns das Militär. Alle mussten aussteigen (draußen wieder 30°C) und Ausweise bzw. Reisepässe abgeben. Selbst ich gelassenes Wesen werde sehr schnell unentspannt, wenn man mir meinen Reisepass wegnimmt. Das Handgepäck wurde gefilzt, dann wurden wir glücklicherweise recht zügig und sehr freundlich wieder entlassen. Uff…

Die folgenden 9 Stunden im Bus sind alles andere als vergnügungssteuerpflichtig! Die Kiste schaukelt über Hubbelpisten, der Fernseher vorne plärrt Boxfilme (in spanisch) durch die Nacht und zwei Kinder haben es sich zur Mission gemacht, abwechselnd mit lautem Geschrei oder Kreischgelächter die TV-Beschallung zu übertönen. Und das gefühlt die komplette Fahrt hindurch! Waterboarding für Lauscher und Hirn, ich bin jedenfalls durch, als ich in Baños den Bus verlasse.

Dank Carlos (der vor 5 Tagen mit mir das Zimmer reservieren war) kenne ich den Weg zum Hostel. Schnell geduscht und in das letzte freie Hochbett im 6er-Dorm geklettert. Übernächtigt, aufgedreht. Mir bleiben 4 1/2 Stunden, dann sammelt mich bereits der nächste Wanderbus ein.

Frühstücks-Fresskoma vs. Pseudo-Kaffee

Nach nur 2 1/2 Stunden Fahrt erreichen wir Riobamba. Mit der kleinen Wanderbus-Truppe verschaffen wir uns ein ersten Eindruck von der lebhaften Stadt. Mampfend funktioniert das ganz gut! Unser Guide schleift uns durch die Markthalle und wir kosten uns durch die Obstvielfalt: Granadilla (Bestandteil des neuen Lieblingsgetränkes Canelazo), Tree-Tomato, Babaco, um nur einige zu nennen.

Danach frühstücken wir gemeinsam an einem der vielen Imbissläden. Frühstück in Ecuador, auch so eine Sache. Ich gehöre ja zur Fraktion „am Morgen bloß ’ne kräftige Soja-Latte“. Dass es Kaffee hier fast ausschließlich in Instantform gibt, damit hab ich mich arrangiert. Befremdlich finde ich allerdings nach wie vor, die nicht vorhandene Kaffeekultur, im Land der Kaffeebohne. Dafür haut man sich bereits um 7 Uhr ein Frühstück rein, das als reichhaltiges Abendessen durchgeht. Ein Reisberg an gebratenen Würstchen, eingebettet von roter Beete, ertränkt unter Eiern. „Llapingachos“ nennt sich der oppulente Frühstücks-Wahnsinn. Vom Bett ins Fresskoma. Verstört-fasziniert blicke ich dem Teller nach, während ich an meinem Käsebrötchen nage und eine weitere Schippe Instantpulver in heiße Milch schaufel.

Der letzte Iceman von Riobamba

Unser Guide verrät, dieser (Saft-)Laden ist der einzige in Riobamba, dessen Smoothie-Eis vom Gletscher des legendären Chimborazo kommt. Er erzählt uns die wahre Geschichte des letzten Iceman von Riobamba, Baltazar Ushca. Der kleine, zähe Mann ist weit über 70 Jahre alt. Noch immer zieht er mit seinem Esel zu Fuß zum Chimborazo, steigt auf über 4.000 Meter zu dem imposanten Berg, um dort im Gletscher das Eis zu schlagen. Dieses wickelt er wärmeisolierend in Stroh und bringt es auf dem Rücken seines Esels ins Tal. Zu genau dem Laden, in dem wir jetzt sitzen. Ein Knochenjob! Vor uns liegt ein restlicher Eisblock im feuchtem Stroh. Andächtig bestelle ich einen Tree-Tomato-Saft und bin sofort hin und weg von dem Gesöff. Neues Lieblingsgetränk, furchtbar lecker!

Links unten im Bild ein Rest des Eisblocks im Stroh vorm „Saftladen“ des Vertrauens
Baltazar Ushka, der letzte Ice-Man

Die Gruppe reist weiter. Ich werde 3 Nächte hierbleiben, bis der nächste Wanderbus vorbeikommt und mich mitnimmt. Ich schultere meinen Rucksack und mache mich auf die Suche nach einer Unterkunft.

Fündig geworden. Im Hostel wird jedoch ausschließlich auf Spanisch kommuniziert. Mein einziges Zimmerfenster führt zu einem Lüftungsschacht, ich mag nicht reklamieren. Ich KANN gar nicht reklamieren, auf spanisch… vermisse den Sound und den Geruch des Dschungels. Wo ist die Vogelspinne an der Wand – ääähh halt, bin kurz melancholisch abgedriftet. Die kann wegbleiben, dennoch fehlt mir der Dschungel grad ganz arg.

Fremdeln in der Fremde

Hmmm, so wirklich warm bin ich noch nicht mit Riobamba. Dabei ist es hier warm. Den Tag über bin ich über einige kunterbunte Märkte geschlendert und 4 Stunden planlos durch den Ort geirrt, auf der Suche nach einer Agentur, um eine Chimborazo-Tour zu buchen. Die einen Agenturen aus meinem Reiseführer gibt es nicht mehr, die anderen finde ich nicht. Zurück im Hostel. Mit mächtig Frust. Per Sprachübersetzer versucht man mir zu helfen, vergeblich. Ich brauche einen Plan B, sonst bin ich hier tatenlos gestrandet. Die Riobamba-Mission lautet schließlich „Chimborazo!“ Selbst die Laufschuhe brauch ich mir hier nicht anzuschnallen, der Autoverkehr ist die Hölle! Fühle mich irgendwie fehl am Platz. Und fremd.

Ich hirne auf Hochtouren, recherchiere im Netz. Zufällig stoße ich auf einen Bike-Adventure-Laden und erinnere mich, dass ich heute irgendwann daran vorbeigeirrt bin. Letzte Chance, ich düse los, bevor er schließt.

2 Stunden später: Wieder im Hostel. Jetzt mit Euphorie statt Frust! Das Stimmungsbarometer steht auf „Caramba Riobamba!“ Einziger Haken der Lilalaunebär-Freude, morgen klingelt mal wieder verdammt früh der Wecker. Das Frühaufsteh-Opfer bringe ich gerne für den Berg. Schlaf wird eh völlig überbewertet oder wie ich zu sagen pflege: „Niemand schaut auf sein Leben zurück und erinnert sich an die Nächte, in denen er zu viel Schlaf bekommen hat.“

Das Handy brummt. Ui, Nachrichten und Fotos von Daheim. Meine Freunde trinken auf diversen Weihnachtsmärkten Glühwein auf mich, wie lieb. So soll’s! Ich grinse auf meine Flipflop-Füße. Glühwein oder Sommer-Sonnen-Dezember? Sorry Leute, das hier is leider geiler 🙂

Pro Bici und der Chimborazo

6:25 Uhr, müde aber gespannt warte ich vorm Hostel. Der quirlige Carlo, bei dem ich gestern die Tour gebucht habe, holt mich fröhlich plaudernd ab. Auto und mich übergibt er kurzerhand an Allejandro. Der smarte Bursche wird uns zum Chimborazo bringen. Wir sammeln die restliche Truppe ein, eine Französin und ein ecuadorianisches Pärchen und machen uns auf den Weg.

Allejandro erzählt uns viel über die Region und die Gepflogenheiten der indigenen Dörfer, zeigt uns die 1. Stierkampfarena Ecuadors, den Olympiastützpunkt und die Siedlungen um den Chimborazo, dem höchsten Berg Ecuadors (6.263 m). Sein Gipfel ist der vom Erdmittelpunkt am weitesten entfernte Punkt der Erdoberfläche. Einst war er höher als der Himalaya, musste durch seine Kratereinbrüche jedoch an Höhe einbüßen. Als er das erste Mal vor uns auftaucht, sind wir baff. Wolkenlos thront er vor uns. Ein imposantes Massiv, am Fuße dunkelbraun, gekrönt von einer strahlenden Schneehaube.

Und dann taucht der Chimborazo vor uns auf

Carlo’s Worte schießen mir in den Kopf: „Fühl den Spirit des Berges. Bitte ihn, für dich zu sorgen und zolle ihm deinen Respekt. Manchmal hat er schlechte Laune, aber er kann dir auch seine gute Seite zeigen. Wenn er dich aufsteigen lässt und gut zu dir ist, bedanke dich bei ihm auf deinem Weg.“ In dem Moment fühle ich, was Carlo meinte. Ich kann mich der Aura nicht entziehen, der Chimborazo hat mich vom ersten Augenblick an in seinen Fängen.

Die Fahrt dauert. Wir tuckern hinter Farmersleuten her, die ihre Kuhherde über die Straße treiben. Eine ältere Frau steigt zu uns in den Wagen, wir nehmen sie ein Stück ihres Weges mit. Sie freut sich und strahlt uns mit ihrem wettergegerbten Gesicht dankbar an.

Rush Hour unterwegs

Auf knapp 4.000 Metern sehe ich erstmals in meinem Leben Vicuñas. Diese wunderschönen Tiere ähneln Alpakas und Lamas. Sie leben jedoch erst in einer Höhe von 3.500 – 5.500 Metern. Entfernt in den Weideflächen steht die Chimborazo Lodge, der erste Akklimatisations-Stützpunkt für Bergsteiger, die auf den Gipfel möchten.

Vicuñas im Naturschutzgebiet Chimborazo
36 KM entfernt von Riobamba, die Chimborazo-Lodge auf 4.000 Metern. Stützpunkt für Wanderer und Kletterer, die zum Gipfel des Chimborazo möchten

Kontinuierlich geht es bergan. Die Landschaft, die anfangs noch aus bräunlichem Weideland und Schluchten bestand, ähnelt zunehmend einer Mondlandschaft. Steinig, braun, karg. Wir passieren ein Tor, hinter dem Allejandro aussteigt, um beim Wachpersonal zu registrieren.

Die Räder auf dem Dach des Geländewagens warten bereits auf die Abfahrt
Dem Auge sind keine Grenzen gesetzt
Im Hintergrund das Refugio, unser Halt inmitten der mystischen Mondlandschaft

Auf 4.800 Metern erreichen wir den Parkplatz am ersten Refugio. Ab jetzt geht es zu Fuß weiter. Allejandro drückt uns ein Walkie Talkie in die Hand. 2 Stunden Zeit zum Aufstieg. Er wartet währenddessen am Auto bei den Mountainbikes.

Magische 5000er-Grenze

Es ist nicht so kalt wie erwartet. Gleich oberhalb des Refugio passieren wir eine Steinpyramide und etliche Gedenktafeln verunglückter Bergsteiger. Bringt einen zum Nachdenken, wenn man daran vorbeistiefelt.

Steintafeln für die Verunglückten
Ein Blick zurück, unspektakulär und doch so anstrengend

Geschlagene 36 Minuten benötigen wir für 200 Höhenmeter! De Höhe macht sich heute brutal im Körper bemerkbar. Mein Schädel brummt, was auch teilweise mehrerer extrem kurzer Nächte geschuldet sein mag. Schritt für Schritt geht es im Kriechtempo durch die Ödnis hinauf. Nachdem wir das Refugio Whymper auf 5.000 Metern erreicht haben, wollen wir auch noch zur Lagune rauf. Es sind gerade mal 100 Höhenmeter, sie fühlen sich an wie ein Sprint auf einen steilen Berg. Der Kopf brüllt: „Aua! Ignorier das Dröhnen und lauf weiter.“ Der Körper wimmert leise: „Scheiß drauf, schaff deinen Hintern ins Refugio und chill!“ Jeder Kletterer weiß, das Gehirn ist der stärkste Muskel im Körper. Es gewinnt, ich gehe weiter. Die Vernunft stellt sich dahinter in die Schlange. Manou, die Französin, läuft munter neben mir her, sie fühlt sich gut. Die beiden Ecuadorianer sind hinter uns abgefallen, auch ihre Körper boykottieren die Höhe.

Niemals hätte ich gedacht, so sehr kämpfen zu müssen! Zum Kopfwummern gesellt sich plötzlich Übelkeit. Normaler Herzschlag, trotzdem zehrt der Aufstieg an der Substanz. Ich muss ständig anhalten und tief atmen. Es ist so unglaublich für mich, endlich oberhalb der 5.000er Grenze zu sein. Auch wenn ich nicht alles auf eigene Faust geschafft habe. Nach 10 Minuten erreichen wir die Laguna Condor Cocha, 5.100 Meter! Eine braune, eiskalte Brühe, die sich – umgeben von einer dicken Nebelschicht – in die karge, steinige Einöde einbettet. Wir machen schnell Fotos und funken Allejandro den Stand durch. Er empfiehlt, im Refugio Whymper einzukehren, da die Hütte bei ihm unten menschenvoll sei. Es ist richtig kalt und äußerst ungemütlich geworden. Alles in mir schreit „schaff dich endlich runter!“, das hier fühlt sich nicht mehr richtig an.

Der Kopf wummert, der Rest ist happy – Die persönliche Höchtgrenze überschritten!

Im Refugio Whymper wärmen wir uns rasch mit Coca-Tee und heißem Kakao und steigen weiter ab. Auf einem Steinhaufen vor der Hütte sitzt ein Mann, der sich übergibt. Er bringt zum Ausdruck, wie ich mich fühle…

Super Multikulti-Gefährten, allen Höhen-Widrigkeiten zum Trotz

Wir brauchen nicht lange für den Abstieg. Allejandro empfängt uns strahlend mit high-five am Refugio Carrel. Er hat bereits die Bikes vom Autodach geholt und stattet die Truppe mit Protektoren aus. Die 3 werden mit den Mountainbikes abfahren, Allejandro und ich im Auto hinterher. Dankbar, in meinem desolaten Zustand nicht biken zu müssen, hiev ich mich ins Auto und werfe mir etwas gegen den Brechreiz ein. Die Abfahrt nimmt einige Stunden in Anspruch, da wir immer wieder halten und warten, bis unsere Biker vorbeidüsen. Mehrmals döse ich weg, fix und alle.

Wir haben deutlich an Höhe verloren und schwuppdiwupp geht’s mir wieder gut. In einem Lokal an der Straße kehren wir ein und essen eine Suppe, dann geht es weiter. Auf einer derben Offroad-Piste haut Allejandro (nachdem er zuvor mühsam Bäume aus dem Weg geräumt hatte) die zweite Gangschaltung in den Schlussmitlustig-Modus. Wir holpern um den Chimborazo und bekommen ihn von einer grandiosen Seite präsentiert.

Natur pur, Seelenbalsam!
Immer schützend in der Nähe der Downhiller
Der Chimborazo, ein unvergessliches Abenteuer

Was für ein gigantisches Abenteuer! Was für ein genialer Tag! Am Ende der Abfahrt sammeln wir unsere überglücklichen Downhiller wieder ein. Den Rest der Strecke zurück nach Riobamba legen wir zusammen im Yeep zurück. Es ist bereits nach 18 Uhr, als Allejandro mich vor dem Hostel verabschiedet. Selbst für mich, die „nur“ als Beifahrer daneben saß, bleibt dieser Tag unvergesslich. Ein überragender Tag, da einfach alles gepasst hat (mal von den kurzzeitig körperlichen Ausfallerscheinungen abgesehen): Eine super Truppe, Allejandro, der beste Guide, den man sich wünschen konnte und der Chimborazo, der all seine Pracht mit uns teilte.

Auf der Suche nach dem Heiligen Kaffee-Gral

Erwachen in Riobamba. Heute ist Urlaub! Früh geschlafen, lange geschlafen. Die Morgen-Mission lautet „Anständigen Kaffee reinkippen“. Dazu müsste ich allerdings erst mal ein Café finden, was mich tragischerweise vor ungeahnte Herausforderungen stellt. Denn, wie bereits erwähnt, man speist des morgens außergewöhnlich opulent, was auf Kosten der Kaffeekultur geht. Cafés, die ich finde, sind geschlossen. Ähm, macht ja total Sinn morgens. Oder sie werden gerade nass durchgewischt und ich deswegen weggeschickt. Auch das ist selbstverständlich nachvollziehbar, zur Haupt-Kaffeezeit des Tages *Ironie-off*.

Die braunen Bohnen werden hier definitiv nicht überbewertet. Nein, sie werden völlig unterschätzt. Schade eigentlich. Mein Körper verlangt Koffeein, nicht zuletzt, weil er am gestrigen Tag erschütterlicherweise nicht einen einzigen Tropfen davon bekommen hat! Mit Instantpulver lässt er sich heute also gar nicht erst abspeisen.

Nach langer Suche werde ich tatsächlich fündig! Café Padaro, das Tor zum Himmel der Geschmacksknospen-Eskalation! Vorm Betreten der wohlduftenden, kleinen Oase bin ich geneigt, ein Tränchen der Glückseligkeit zu verdrücken und die „Ode an die Freude“ anzustimmen.

Cappuccino, Pancakes, Müsli, Früchte, Schreiben – Urlaub in seiner perfektioniertesten Schlemmer-Vollendung

Zu grandiosem Cappuccino gesellen sich nicht minder grandiose Pancakes (ich MUSS im Himmel sein), Joghurt, Obst, Müsli und frisch gepresstem Erdbeersaft. Auch als normalerweise Nicht-Frühstücker ein Träumchen sondergleichen!

Energiekick-gepimpt schnüre ich meine Laufschuhe. Ich brauche Bewegung! Allejandro hat mir gestern vom nahegelegenen Parque Lineal erzählt, in dem man super laufen könne. Dahin werde ich mich jetzt navigieren lassen.

Laufrunde im Parque Lineal, eine grüne Oase in der Stadt

2 Kilometer später bin ich da, eine grüne Oase inmitten einem Stadt voller Autos und Straßenlärm. Allerdings stelle ich auch fest, Laufen läuft nicht. Statt durch die Grünfläche zu springen wie ein junges Reh, pumpt das Herz und streikt die Lunge. Soviel zum Thema längst erreichte Akklimatisation und Blut-Sauerstoffsättigung. Auf 2.800 Metern läuft der Flachland-Kadaver nun mal auf Sparflamme. Egal, dann Lauf-Gehe ich eben, Hauptsache Bewegung in der Natur! Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes wieder grün mit Riobamba.

11 Kilometern später geschafft im Hostel. Duschen, umziehen und ab in die Stadt. Erst mal Tree-Tomato-Saft mit Chimborazo-Gletschereis schlabbern. Dann Kultur. Am Nachmittag zieht – wie bereits am Tag zuvor – eine große Parade durch die Straßen. Unzählige Kinder in indigenen Trachten tanzen zu ohrenbetäubender Musik und feiern den Geist der Weihnacht. Ich mische mich als ziemlich einziger Touri unter die Locals und beobachte das quirlige, fröhliche Spektakel.

Zur Weihnachtszeit gibt es ständig Paraden durch die Stadt

Danach besuche ich das Museo de Ciencias Naturales, das naturhistorische Museum, das sich mit der Fauna der Provinz befasst. Das Museum verfügt nur über wenige Exponate und ist bereits stark in die Jahre gekommen, interessant fand ich es dennoch.

Im Museo de Ciencieas Naturales

Die Kultur-Tour geht weiter zum Museo de la Ciudad. Einer Kunstgalerie mit Gemälden und Exponaten berühmter Persönlichkeiten der Stadt. Allein das Gebäude in seinem wunderschönen Kolonialstil haut mich um! Offensichtlich hat auch ein bekanntes Orchester seine Räumlichkeiten hier. Während meines Besuchs bin ich Gast bei den Musikproben im Gebäude-Innenhof.

Was mich in Ecuador echt positiv überrascht, hier sind die meisten Museen kostenfrei. Am Eingang registriert man sich lediglich in einer Liste ein.

Am frühen Abend tingel ich zum Abschluss gemütlich durch die hübschen Stadtparks: Parque Sucre, Parce Maldonado mit seiner Kathedrale und Parque La Libertad mit der einzigen Rundkirche Ecuadors, La Basilica.

Parque Maldonado
Einzige Rundkirche Ecuadors: Gran Basílca del Sagrado Corazón de Jesús im Parque La Libertad
Colegio Maldonado im Sucre-Park

In den Seitenstraßen stoße ich erneut auf richtig tolle Streetart. Ich feiere die bunten und künstlerischen Wände hier so dermaßen!

Ausklang des sportlich-kulturellen Tages in einem hübschen Restaurant (Empfehlung des Reiseführers). „Mnom-mnom, ein Gläschen Vino Tinto zur Gemüsepasta“, schwärme ich gedanklich und bestelle den vermeintlichen Hauswein. Irritiert betrachte ich das Glas, dass serviert wird und dessen Inhalt dampft. Ich rieche vorsichtig dran. Tja, heute gibt’s wohl Glühwein zur Gemüsepasta. In diesem Sinne, frohe Adventszeit und buen provecho!

In den Straßen von Riobamba
Einkaufsladen mal anders
Süßwarenladen typisch ecuadorianisch

(Teil 9 folgt)

Wie haltet ihr es im Urlaub oder auf Reisen? Wo/wie holt ihr euch eure Portion Sport oder ist Urlaub sportfreie Zeit? Reist ihr, um ambitionierte Ziele zu verfolgen? Meidet ihr eher Städte oder bevorzugt ihr reine Städtetrips? Erzählt mir doch mal eure Geschichten 🙂

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ECUADOR – 34 TAGE ABENTEUER HOCHDOSIERT, BITTE!

Teil 5: Spirituelle Zeremonien, Canelazo por favor und die Pablos von Quilotoa

22. / 23. November 2019

„Nacken des Mondes“, so lautet die klangvolle Übersetzung des Berges Cotopaxi. Mit Nicole (die ich auf der Reise kennenlernte) warte ich auf dem Parkplatz zum Südeingang des Cotopaxi Nationalparks auf den Wanderbus. Er rollt pünktlich um 11:30 Uhr an und heraus springt eine kleine, quirlige Ecuadorianerin namens Hayde. Sie ist unser Guide.

Mit einem weiteren Pärchen sind wir heute zu viert, eine überschaubare Reisegruppe. Für Nicole und mich wird es auch nur eine kurze Fahrt, wir steigen bereits am nächsten Stop in Quilotoa aus und bleiben dort über Nacht.

Kreisverkehr der Regentänze

Kurzzeitig hege ich Zweifel, unversehrt und mit allen Extremitäten in Quilotoa anzukommen. In Pujili fahren wir durch einen Kreisverkehr, in dem riesige bunten Figuren stehen. Heyde erklärt die Bedeutung, nämlich dass die Figuren für Regen tanzen. „Sehr erfolgreich, wie man sieht“, werfe ich ein. Hayde lacht und möchte ein Gruppenfoto. Mit uns im Kreisverkehr. Auch der Wanderbus parkt mitten in selbigem. Priiiima Idee und ein hervorragender Platz für eine „Totgefahrene-Touris-Fotostrecke“, verkünde ich meine Bedenken. Hayde lacht noch mehr, lässt sich allerdings nicht von ihrem Vorhaben abbringen, das kulturelle Besichtigungsprogramm für die Nachwelt zu dokumentieren.

Spoiler: Zu meiner Überraschung überleben wir und behalten alle Gliedmaßen.

Überleben in der Todeszone des Kreisverkehrs

Unterwegs zeigt sich wieder das unberechenbare Ecuador-Wetter. Mit T-Shirt sitzen wir bei strahlendem Sonnenschein im Bus. Schlagartig wird es düster, kalt und dann hagelt es so heftig, dass binnen weniger Minuten eine dicke, weiße Schicht die Straße bedeckt. Fahrer Carlos zeigt sich unbeeindruckt. Er heizt munter weiter. Irgendwie sind hier alle Fahrer schmerzfrei. Mein krankes Kopfkino spielt Fahrstunden-Szenarien ab: Fahrlehrer: „So, jetzt treten Sie mal anständig aufs Gas. Auf Geschwindigkeitsbegrenzungen kann man locker 20 km/h draufpacken. Und nicht so zimperlich in die Kurven, Weichei! Zu Recht hat der Hintermann seit 15 Minuten die Lichthupe an! Caramba!“

Kulinarische und musikalische Kuriositäten

Bevor wir am Ziel ankommen, ist Fütterungszeit. In einer urigen Hacienda wartet bereits ein 3-Gänge-Menü. Mein absolutes Highlight ist der frischgepresste Sternfruchtsaft, göttlich! Zur Suppe wird Popcorn gereicht, für uns crazy, gehört hier aber so. Die Locals lieben Popcorn in der Suppe.

Saft aus Sternfrucht und Popcorn in der Suppe

Zum Essen gibt es in voller Lautstärke TV-Folklore auf die Lauscher. Hochmotiviertes Trachtenvolk musiziert mit allerlei Instrumenten zu überschwänglichem Gesang. Ungefiltert bohrt sich die Hansi-Hinterseher-Beschallung optisch-akustisch durch Augen und Ohrmuscheln in das Gehirn.

Lautstarkes Folklore TV in der Hacienda

Der pittoreske Ort Quilotoa liegt auf knapp 4.000 Metern und obwohl sich viel im Bau befindet, ist es dennoch traditionell. Fast entsteht der Eindruck, man bereite sich allmählich auf Touristen vor. Kleine Souvenirläden verkaufen bunte Mützen, Schals und Ponchos. Am Straßenrand werden gegrillte Kochbananen mit Käse angeboten und es brutzeln Cuys (Meerschweinchen) auf dem Rost.

Ursprünglichkeit, Spiritualität und Tradition

Frauen mit markanten Gesichtern tragen ihre langen, pechschwarzen Haare zu Zöpfen, haben Filzhüte auf und farbige Röcke, Strumpfhosen und Pochos an. Mich erstaunt, wie dezent die Menschen in Ecuador sind. Gar nicht so, wie man es sich in Südamerika vorstellt. Die Indigenen sind freundlich, aber leise, distanziert und zurückhaltend. Ein schönes Bild, wie die Frauen ihren Nachwuchs, gehüllt in bunte Tücher, auf dem Rücken tragen und ein kleines Köpfchen mit viel Haar rauslugt. Ich fühle mich wie der einzige Touri unter Einheimischen und in eine andere Zeit versetzt. Die Menschen, ihre Ausstrahlung und ihr Stolz faszinieren mich.

Hayde führt uns eine Anhöhe hinauf und uns bleiben die Münder offen stehen. Unter uns liegt eine gigantische Lagune, deren Wasser intensiv leuchtet.

Laguna Quilotoa, ein ganz besonderer Ort

Die Einheimischen sind sehr spirituell und erdverbunden. So lädt uns Hayde zu einer kleinen Zeremonie ein. Am Boden laufen wir ein aufgemaltes, eckiges Symbol entlang, während Hayde uns sehr ausführlich die Bedeutung des Rituals erklärt: Jede Ecke steht für eines der wichtigsten Tiere des Landes – Puma, Condor und Anakonda. Die Himmelsrichtungen stehen für die Elemente Feuer, Erde, Wasser und Luft. Eine weitere Ecke vereint die wichtigen Werte, nicht lügen, nicht stehlen etc.) Als wir am Ende in die Mitte treten, sollen wir uns 3 Wünsche überlegen oder was wir in unserem Leben ändern möchten. Schenkt man dem Glauben, kommt die Energie von Erde und Himmel, die Kraft dazu von den Elementen. So die grob übersetzte Kurzfassung…

Hayde erklärt uns die Bedeutung des Rituals, das die Kraft der Elemente vereint

Ein Stück weiter halten wir am Rand des Abgrunds an und Hayde fragt, ob wir für eine kleine Meditation bereit wären. Wir nicken. Sie träufelt uns eine duftende Essenz aus Orchideen und diversen Blüten in die Hände. Wir schließen die Augen, während sie auf einer Holzflöte eine Melodie spielt.

Ich bin wahrlich kein religiöser oder hochspiritueller Mensch, verschließe mich aber auch nicht vor derart „überirdischen“ Dingen und respektiere sie. Energie aus der Natur ziehen, oh ja, das funktioniert bei mir. Deshalb bewerte oder hinterfrage ich die Sinnhaftigkeit solcher Rituale auch nicht, sondern genieße einfach das Hier und Jetzt. In dieser atemberaubenden Landschaft zu stehen, all das erleben zu dürfen, zu reisen – reine Dankbarkeit und Glückseligkeit ergreifen mich in diesem Moment und treiben mir Tränen in die Augen. Es sind genau diese Augenblicke, die im Gepäck mit nach Hause reisen und die man nicht vergisst…

Wanderbus zieht weiter. Schweren Herzens verabschiede ich mich von der liebenswerten Hayde. Es war zwar ein kurzes, aber inniges Kennenlernen und sie wird auf meiner weiteren Reise und darüber hinaus mit mir verbunden bleiben, was ich jetzt noch nicht ahne.

Nicole und ich laufen die Straße zu unserem Hostel hinab. Die Chefin des Hauses spricht ausschließlich Spanisch, wundert mich nicht mehr… Jede von uns bezieht ein riesiges Zimmer mit jeweils 2 großen Betten und einem Ofen darin. Irgendwie gibt es Missverständnisse bei der Reservierung, wir hätten ja locker ein Zimmer teilen können. Das bekomme ich der kleinen Dame auf Spanisch aber leider nicht beigeweicht. Sei’s drum, sicherlich ist sie um jeden zahlenden Touristen froh, denn ausgelastet ist das Hostel nicht.

Unsere Unterkunft, Hosteria Alpaka Quilotoa

Shalala oder „oh wie schön ist Quilotoa“

Bevor die Sonne untergeht, machen Nicole und ich noch einen Nachmittags-Hike. In stetigem Auf und Ab wandern wir den Weg entlang zur Aussichtsplattform Shalala. Schwimmen kann man in dem Kratersee übrigens nicht. Das mineralhaltige Wasser würde die Haut völlig austrocknen.

Unten rechts unser Ziel; die hellbraune Aussichtsplattform Shalala
Mitten in der Natur und Sicht auf den 3 Kilometer breiten Kratersee

Wir haben Gesellschaft von einem Hund. Er weicht uns knapp 7 Kilometer nicht von der Seite. Die Landschaft ist zutiefst beeindruckend und die Aussicht überragend. Immer wieder bleiben wir sprachlos stehen, machen Fotos und genießen die Schönheit, die uns umgibt.

Gigantischer Weitblick und grenzenlose Freiheit

Gerade noch rechtzeitig vor Anbruch der Dunkelheit kehren wir zurück ins Dorfzentrum.

Besuch von Pablo

Nach einer heißen Dusche fleetzen wir uns mit einem wärmenden Tee in den riesigen Aufenthaltsraum zur Hausherrin auf die Sofas. Still lächelt sie uns an. Voller Ruhe fackelt sie eine Holzlatte in einem für den großen Raum viel zu kleinen Kaminofen ab. Die Wärme verpufft bereits auf dem kalten Weg zum Sofa.

Der Versuch, etwas Wärme in den großen Raum zu bringen

Nicole hat eine Katze in ihrem Schoß liegen. Sie bittet mich, unsere Gastgeberin nach dem Namen des schnurrenden Tieres zu fragen. Das krieg ich mit meinem Spanisch hin. Lächelnd kommt leise die Antwort „Pablo.“

Im Augenwinkel sehe ich einen Schatten auf dem Boden. Dann hoppelt ein Kaninchen vorbei und springt aufs Sofa. Nein, es ist nicht weiß und NEIN, ich habe keinen Alkohol getrunken. Ich zeige lachend auf den Hasen und erfahre, dass er hier wohnt. Ebenso wie der Kater, zwei Hunde und noch Meerschweinchen. Das Kaninchen heißt übrigens auch Pablo.

Wie gerne würde ich mit der freundlichen Frau erzählen. Wieder mal ärgere ich mich über mein schlechtes Spanisch. Es ist so schade, sie weiß sicherlich viele interessante Dinge über das Land und die Menschen hier. Eine kleine Unterhaltung über ihre Familie und klappt dann immerhin, bevor sie sich für die Nacht verabschiedet.

Völlig durchgefroren, ziehen auch wir uns in die Gemächer zurück. Nachtruhe ist allerdings erst mal nicht. In meinem Zimmer hockt, zwischen meinem Rucksack, den Schuhen und dreckigen Wanderhosen, Pablo. Mit seinen langen Löffeln mustert er mich unbeeindruckt.

Pablo hat es sich zwischen meinem Gerümpel gemütlich gemacht

Kurz überlege ich, ihn als Wärmflasche umzufunktionieren, entschließe mich dann aber, ihn rauszuwerfen. Da habe ich die Rechnung allerdings ohne Pablo gemacht, dem gefällt’s nämlich hier und er flüchtet unters Bett. Geschlagene 20 Minuten dauert es, bis er aus dem Zimmer hoppelt. Ich lache immer noch, als ich im Bett liege.

Am nächsten Morgen machen wir uns, nach einem leckeren Frühstück (Kaffee und Wassermelone, es kann nicht mehr besser werden), zu dem sich auch Hase Pablo gesellt, nochmals auf zur Laguna Quilotoa.

Gekommen um zu wandern

Das illustre Wandervolk kommt hier sowas von auf seine Kosten. Hat man sich am Eingang registriert, gibt es die Wanderung Quilotoa Loop, die rund 11 Kilometer (mit einigen Höhenmetern) komplett um die Lagune führt. Oder man macht die Variante, die wir mangels Zeit wählen und begibt sich den Serpentinenpfad zum Ufer hinab. In unserer Vorstellung sitzen wir nachher genau dort, chillend und Käffchen trinkend.

Die Serpentinen durch den tiefen Sand hinab – und hinauf

Die Ernüchterung kommt mit der Ankunft am Ufer. Hier ist nix. Mal abgesehen von einem Maultier- und Kanuverleih (letzterer nicht wirklich frequentiert). Und irgendwie sah es von oben alles spektakulärer aus. Dafür ist’s kein Touri-Hotspot, rede ich es mir schön. Okay, trockene Baustelle, wir begnügen uns mit unserem Wasser und ner kleine Pause, bevor die 370 Höhenmeter wieder aufwärts geömmelt werden.

Am Ufer der Laguna Quilotoa

Nicole beschließt, einen Muli rauf zu nehmen. Währenddessen stiefel ich schon mal los. Von den entgegenkommenden Leuten werde ich verwundert und erstaunt beäugt. Versteh ich gar nicht. Irgendwie läuft aber niemand nach oben. Zugegeben, es ist steil. Teils sehr steil. Weil der Sandboden richtig tief ist, laufe ich den Weg – soweit es möglich ist – über die schmale Steinmauer hinauf. So finden die Füße besser Halt.

Alternative zum Selberlaufen. Für 10 Dollar läuft und trägt das Lastentier
Farbkontrast in Alpaka-Form

Ich buche das Spektakel unter „schweißtreibendes Bergtraining“ ab, als ich feuchtfröhlich oben ankomme. Zeitgleich mit Nicole und ihrem schnaufenden Träger.

Schweißtreibend! Kurze aber knackige 370 Höhenmeter durch tiefen Sandboden und über die Steinmauer

So, können wir jetzt zum chilligen Teil übergehen?

Cappucchino vs. Canelazo

Im Ort finden wir ein gemütliches Café, in dessen Karte auch der sagenumwobene „Canelazo“ steht. Wir knallen uns in die Sonne und gönnen uns erst mal einen Cappucchino.

Cappucchino-Break mit Nicole

Jetzt müssen wir unbedingt das ecuadorianische Nationalgetränk testen! Ich habe schon davon gelesen und Nicole mit meiner Schwärmerei angefixt. Wir ordern „dos Canelazos con alcohol“ und schwuppdiwupp, steht ein orangefarbenes, wohlduftendes Gebräu vor uns, in dem sich Zimtstangen, Nelken und Naranjilla-Stücke tummeln. Daneben ein Schnapsglas, dessen Inhalt wir in das Heißgetränk kippen. Was soll ich sagen? Wär’s kalt gewesen, uns wär’s warm geworden! Aber auch, oder vor allem in der Sonne schmeckt’s gar köstlich!

Nationalgetränk Canelazo mit Schuss – macht nicht nur das Lama happy

Um 16 Uhr wird uns der Wanderbus einsammeln. Wir nutzen die Zeit also sinnvoll und passen uns den Traditionen und landestypischen Gepflogenheiten an. In diesem Sinne: „Dos Canelazos con alcohol mas, por favor.“ Auch mein Spanisch wird zusehends souveräner. Den zweiten Ecuador-Glühwein trinken wir, mangels Sonne, drinnen am knisternden Kaminfeuer. Fast kommt Weihnachtsstimmung auf, bei dem Getränk und dem geschmückten Tannenbäumchen.

Weihnachtsstimmung vorm Kamin mit Ecuador-Glühwein und geschmücktem Bäumchen

Ausgelassen holen wir im Hostel die deponierten Rucksäcke ab, verabschieden uns von unserer Herbergsmutter und treten die Weiterreise an.

Sprachbarriere; wie gerne hätte ich mehr von ihr erfahren

Nach viel Friererei in Quilotoa (teils erfolgreich mit Canelazo entgegengewirkt) geht es nun in wärmere Gefilde. Heute Abend werden wir mit Wanderbus in Baños ankommen. Und dort ist für Adrenalin-Junkies was geboten…

Der Wanderbus nach Baños

(Teil 6 folgt)

Wie steht ihr zu spirituellen Riten oder Zeremonien? Habt ihr auf euren Reisen auch Dinge erlebt, die befremdlich oder faszinierend für euch waren oder euren Blickwinkel veränderten? Und was macht euch unterwegs sprachlos oder jagt euch eine Gänsehaut der Begeisterung über den Rücken? Ich freue mich, wenn ihr mir in den Kommentaren davon erzählen möchtet!

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ECUADOR – 34 TAGE ABENTEUER HOCHDOSIERT, BITTE!

Teil 4: Die Reise geht weiter – Wen(n) der COTOPAXI ruft

21. / 22. November 2019

Weckerklingeln um 5:45 Uhr!

Uarghhhhhh, das ist Urlaub? Nö, das ist Reisen!

Um 6:15 Uhr werde ich am Hostel eingesammelt. Auf der Website von Wanderbus habe ich gestern spontan den „Tangara-Pass“ gebucht. Da die Internetverbindung etwas Probleme machte und die Buchung nicht funktionierte, hat Hostel-Manager Carlos freundlicherweise mit Wanderbus telefoniert und alles für mich geklärt. Die nächsten Wochen werde ich mit dem Hop-on-hop-of-Bus bis nach Guayaquil reisen.

Ein Hoch auf Wanderbus

Wanderbus erleichtert meine Reiseplanung enorm. Ich spare viel Recherche-Zeit, wie ich künftig von A nach B komme und welche Orte ich wie am besten ansteuern kann. Jetzt sind die nächsten Ziele auf meiner Route gesetzt. Ich entscheide nur noch, wo ich aussteige und wie lange übernachten werde. Was mir am Konzept Wanderbus außerdem so gut gefällt, ist, dass man als Alleinreisende schnell in Kontakt mit Gleichgesinnten kommt. Die Guides von Wanderbus erzählen auf den Fahrten viel Wissenswertes über das Land, die Kultur, die Menschen und Pflanzen. Während den Fahrten gibt es Besichtigungen und geführte Wanderungen und das Gepäck kann sicher im Bus bleiben. Die Guides sprechen Spanisch und Englisch und sind super vernetzt, so dass sie Hilfestellung bei der Unterkunftsuche und zu Touren geben können.

Ich wusste es echt zu schätzen, mit dem „Rundum-Sorglos-Wanderbus“ durch Ecuador zu reisen, statt mich in die übervollen öffentlichen Busse quetschen zu müssen, mit der Gefahr, dass sich Langfinger an meinem Gepäck zu schaffen machen.

Ich bin etwas überrascht, als der Wanderbus eintrifft. Vor mir steht kein großer roter Reisebus, wie auf den Fotos der Homepage. Über die kleinere Variante freue ich mich umso mehr. Auf meine Frage, erklärt Santiago, unser Guide, dass die Touristen in Ecuador, seit den schlimmen Unruhen und Streiks im Oktober, deutlich weniger geworden sind.

Unsere Truppe an diesem Tag (wir sind zu siebt) ist klasse. Ein bunter Mischmasch aus Kanadiern, Italienern und Deutschen. Zudem steht eine schöne Reiseroute bevor. Wo und wann ich heute aussteigen werde, weiß ich allerdings noch nicht. Das Motto: Treiben lassen und sehen, was der Tag so bringt…

Unser erster kurzer Halt ist an einem Aussichtspunkt, mit Blick über die Stadt Quito. Wir staunen nicht schlecht. Umgeben von den Anden, liegt ein Molloch vor uns, über dem ein Nebel aus Abgasen hängt. Jetzt wird das Ausmaß dieser langgezogenen Millionenstadt richtig deutlich.

Ein Dunstschleier aus Abgasen wabert über der Millionenmetropole Quito

Erster Stop – Kuhmelken und Farm-Frühstück

Gegen 8:15 Uhr erreichen wir die Hacienda la Victoria in Tambillo. Das Farmhaus ist von einem Hof mit Stallungen umgeben. Jetzt heißt es, ran an die Kuh. Tagesordnungspunkt 1: Melken! Muss ich tatsächlich bis Ecuador reisen, um erstmals selbst Hand anzulegen?! Etwas zögerlich zapfe ich an dem Kuh-Euter rum bis ein dünnes Rinnsal rauströpfelt. Die Kuh findet’s eher semi prickelnd. Offensichtlich liegen meine Kernkompetenzen nicht auf Melken.

Zaghafte Melkversuche auf einer Hacienda mitten in Ecuador

Santiago erklärt uns den Farmbetrieb, führt uns über den Hof und Garten und dann werden wir von Wanderbus zu einem Begrüßungs-Frühstück eingeladen. In der gemütlichen Bauernstube wartet ein gedeckter Tisch. Es gibt Kaffee (Instant-Pulver; zum Glück ist mir noch nicht bewusst, dass sich dies die nächsten Wochen so durchzieht), Milch, frische Ananas, Bananen, Marmelade und einen selbst gemachten Schoko-Aufstrich, der – und ich bin keine Nutella-aufs-Brot-Schmiererin – unfassbar lecker schmeckt und bei allen auf große Begeisterung stößt!!! Dazu gibt es warme Brötchen und Saft. Hmmmmm.

Nach der köstlichen Stärkung werden wir mit Trinkflaschen ausgestattet, die wir uns während jeder Fahrt im Bus mit Wasser auffüllen können. Wasser und kleine Snacks gibt es im Bus jederzeit kostenfrei für alle.

Weiter geht es zum Cotopaxi Nationalpark

Über Schotterwege und eine trockene, braun-grüne Steppenlandschaft geht es weiter zum Nationalpark Cotopaxi. Der Vulkan hüllt sich in dichten Nebel und lässt sich nicht blicken. Mist! Um 10 Uhr kommen wir an der Laguna Limpiopungo an. Unser Bus ist das einzige Fahrzeug auf dem großen Parkplatz. So viel zu Thema, keine Touristen…

Auf dem Rundweg um die Laguna Limpiopungo

Santiago führt uns um die große Lagune, auf 3.830 Metern, und erklärt uns jede Menge zur hiesigen Flora und Fauna. Er zeigt uns die orange blühenden „Angel-Flowers“, Baldriansträucher (mit dem klangvollen Namen „Valeriana“) und lässt uns an einem Busch riechen, der tatsächlich nach Schokolade riecht. Er erklärt uns zum Steppengras „Pajonal“, das überall wächst, wie reißfest es ist und dass daraus Seile gemacht und sogar Brücken gebaut werden.

Angel-Flowers, Baldriansträucher und Steppengras Pajonal, es gibt viel zu entdecken

Nach gut 1 1/2 Stunden fahren wir weiter hinein in den Nationalpark. Wir besichtigen ein kleines Naturkundemuseum und dann erscheint plötzlich der Cotopaxi vor den Bus-Fenstern. Großes Gejubel! Die Nebeldecke hat die schneebedeckte Spitze freigegeben und lässt uns erahnen, welch beeindruckendes Naturwunder hier aufragt. Der Cotopaxi ist mit 5.897 Metern einer der höchsten aktiven Vulkane der Erde und atemberaubend schön.

Gleich zu Beginn der Fahrt bin ich mit Nicole ins Gespräch gekommen. Eine ebenfalls Alleinreisende aus Essen. Sie wird im Nationalpark bleiben und hat ihre Unterkunft für die kommende Nacht bereits gebucht. Auch ich möchte eine Nacht hier verbringen, schließlich ruft der Cotopaxi. Wir beschließen, die nächsten Tage zusammen weiterzureisen und so quartiere ich mich spontan in die gleiche Unterkunft ein.

Santiago lässt uns an einem Parkplatz raus und organisiert uns ein Taxi, das uns zur nahegelegenen Cuscungo Lodge bringt, bevor die Wanderbus-Truppe weiterreist. Die Cuscungo Logde ist urig und ungemein heimelig.

Die Cuscungo Lodge im Cotopaxi Nationalpark, ein Ort zum Wohlfühlen!

In einer Art Wintergarten, in dem ein offener Kamin und gemütliche Sofas stehen, checken wir ein, werden mit ersten Cotopaxi-Infos versorgt und bekommen unsere Betten im Schlafraum zugewiesen.

In der Lodge bekommen wir erste Infos zur Anfahrt und dem Cotopaxi-Aufstieg

Es gibt in der Gegend nicht viele Hostels, bis zum Abend ist unser Dorm ausgebucht. Schnell packen wir ein paar Sachen zusammen und ziehen uns um.

Freudentaumeltänze und Hüttengaudi

Auf den Cotopaxi darf man nur mit Guide. Mit Luis, Taxifahrer und Bergführer in Personalunion, fahren wir zum Vulkan. Die Straßen im Nationalpark sind teils so übel, dass ich regelrecht seekrank werde. Es ist bereits 14 Uhr, als wir auf 4.600 Metern am Parkplatz das Auto abstellen, uns mit Fleece, Handschuhen und Mütze ausrüsten und in die Nebelsuppe aufbrechen.

In super verständlichem Englisch erklärt Luis die 2 Wege hinauf zum Refugio. Wir entscheiden uns für den Zickzack-Weg, der zwar etwas weiter, dafür aber weniger steil ist. Frisch ist’s. Schritt für Schritt steigen wir auf. Nicole ist höhengeplagt und kämpft mit Kurzatmigkeit. Wir nehmen uns Zeit und gehen langsam. Auch ich schnaufe, aber es geht mir erstaunlich gut, scheinbar optimal akklimatisiert. Luis grinst mich an, streckt den Daumen hoch und lobt: „Top condition.“

Es windet ziemlich, dann fängt es an zu hageln. Regenjacke drüber. Zum Hagel gesellt sich Donner. Lauter Donner. Luis bittet uns, wegen dem nahen Gewitter die Handys auszuschalten.

Eingemummelt durch den Hagel am Cotopaxi mit Luis im Hintergrund

Nach einer knappen Stunde erreichen wir die Schutzhütte José Ribas, auf 4.864 Metern. Keine 300 Höhenmeter Aufstieg, die aber deutlich spürbar sind. So weit oben war ich noch nie! Meine Höchstgrenze lag bislang bei 4.017 Metern, bei einer Hochtour auf die Weissmies erkämpft. Ich strahle über beide Ohren.

Nebel und Schnee am Refugio José Ribas

Die Endorphine gehen mit mir durch. Ich muss meiner unbändigen Euphorie Ausdruck verleihen. Jetzt sofort! Hingebungsvoll schlängel ich mich in einer Art schlechtem Stangentanz um das Refugio-Schild, während mich Luis anfeuert und begeistert „loco fotos“ ruft. Ganz schön atemberaubend, derartiges Entertainment in solcher Höhe.

Loco Fotos beim Freudentanz am Refugio in bislang nie erreichten Höhen

Es gewittert ordentlich weiter und es ist verdammt ungemütlich. Ab ins Refugio! Wir wärmen unsere Hände an einer heißen Schokolade. Wenn sich Glück schmecken lässt, so zergeht es mir genau in diesem Moment, gewürzt mit einer leckeren Prise Höhenluft, auf der Zunge. Luis löffelt seine Suppe, während aus seinem Handy traditionelle Musik dudelt.

Luis, Nicole und ich wärmen uns im Refugio José Ribas auf

Als ich voller Stolz den Cotopaxi-Stempel in meinen Reisepass drücke, brennt sich das 180°-Happy-Grinsen regelrecht in mein Gesicht ein. Mein sportlicher Ehrgeiz ist noch immer scharf drauf, das letzte Stück zur 5.000er Grenze aufzusteigen. Luis sondiert draußen die Lage und schüttelt den Kopf. Zu gefährlich. Die kleine Enttäuschung weicht schnell der Freude, erstmals im Leben diese Höhe erreicht zu haben und überhaupt am Cotopaxi unterwegs zu sein. Ich meine hey, der COTOPAXI! Daheim habe ich mir noch die Hiking-Youtube-Videos reingepfiffen und mitgefiebert und jetzt stehe ich mit eigenen Füßen hier.

Für den Rückweg wählen wir die steile Direktvariante. Da man in dem knöcheltiefen Asche-Sand-Gemisch regelrecht den Berg hinunterschlittert, geht das ziemlich flott. Zum Glück, denn es regnet inzwischen und die Kälte kriecht in die Glieder. Gut, dass wir diesen Weg nicht für den Aufstieg genommen haben, sind Nicole und ich uns einig.

Cotopaxi-Crew

Freude, Gejubel und High Five am Auto mit Luis. Jetzt nix wie unter die – hoffentlich heiße – Dusche und den gemütlichen Teil des Tages einläuten.

Zurück an der Lodge verabschieden wir uns dankbar von Luis. Nach einer lauwarmen Dusche lümmeln Nicole und ich uns mit einem Glas Rotwein zu den anderen Backpackern vor den knisternden Kamin. Wir müssen uns um nichts mehr kümmern, das Abendessen wird für alle gemeinsam an zwei großen Tischen in einem Küchen-Nachbarraum serviert. Nach einer Vorspeisensuppe kommen große Auflaufformen mit Hackfleisch, Kartoffelpüree, Gemüse und Käse sowie für die Vegetarier eine fleischlose Variante auf den Tisch. Jugendherbergsfeeling kommt auf, als wir alle zusammen tafeln. Nach dem Dessert, Schokoeis mit Apfelschnitzen (ich tausche das Eis gegen die kleine Obstbeilage, weil ich Eis nicht leiden kann – ja, ich weiß, mit mir stimmt was nicht!) kugeln wir hochzufrieden und bappsatt zurück vor den Kamin. Ein letztes Glas Rotwein zur Feier des Tages, mit Musik der 80er, bevor um 21:30 Uhr die Bettruhe ausgerufen wird.

Feierabend-Rotwein vorm Kamin – oh du süßes Leben!

Nach einer erstaunlich ruhigen Nacht (trotz sechs Mitschläfern), mache ich es mir um 7 Uhr mit einem Kaffee vor der Tür in der Sonne gemütlich. T-Shirt-Wetter im November, eine Herrlichkeit sondergleichen. Und dann DAS Ereignis: Der Cotopaxi taucht aus den Wolken auf. Sein kompletter Kegel ist zu sehen. Alle stürmen mit Kameras raus vor die Lodge und bestaunen seine Schönheit in der Ferne.

Früh am Morgen taucht der Cotopaxi aus den Wolken, ein geradezu unwirklicher Anblick

Nach dem Frühstück packen wir unsere Rucksäcke. Unser Hostel-Chef fährt uns liebenswerterweise zum Südeingang des Nationalparks, wo uns Wanderbus um 11:15 Uhr für die weitere Tour aufsammelt.

Wohin die Reise als nächstes geht und was es alles zu bestaunen gibt, erzähle ich euch im nächsten Teil. Ich freue mich, wenn ihr mitkommt 🙂

(Teil 5 folgt)

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