ECUADOR – 34 TAGE ABENTEUER HOCHDOSIERT, BITTE

Teil 3: Quito – Die Mitte der Welt, Otavalo-Markttreiben und Kamikaze-Taxi-Überlebenstraining

20. November 2019

Heute geht’s zur Mitte der Welt. „Mich auf die Äquatorlinie stellen“ fehlt noch als abgehakter Punkt auf der Löffelliste.

Bin freudig gespannt. Auch auf meine noch unbekannten Reisebegleiter. Ute lernte ich tags zuvor beim Unwetter-Cappucchino in der Bergstation des Teleférico kennen. Sie war mir auf Anhieb sympathisch. Umso mehr freute ich mich über ihr Angebot, mich heute ihrer Truppe (Ehemann und Schwager) anzuschließen. Ich bin guter Dinge, dass auch die beiden super drauf sind.

Pünktlich um 8:30 Uhr stehe ich also vor ihrem Hotel, 10 Minuten Fußweg von meiner Unterkunft entfernt. Winkend begrüßt mich Ute und stellt mir ihren Mann Bernd und dessen Bruder Michael vor. Sehr schnell wird klar, das passt. Wir vier haben den gleichen, albernen Humor.

Ein Privatfahrer, den die 3 vorab auf Empfehlung gebucht hatten, wird uns zum Mitad del Mundo und weiter nach Otavalo bringen. Noch ahnt niemand, was uns später im Taxi erwarten wird… Glücklich die Unwissenden!

Der Fahrer spricht – im Gegensatz zu uns – nur Spanisch. Da ich über minimales Rest-Spanischgebröckel verfüge (die Grundkurskenntnisse 2017 machen leider Siesta im Nirwana), werde ich kurzerhand zur Taxi-Kommunikatöse ernannt. Uff… Irgendwie machen wir dem Herrn verständlich, wo wir hin wollen und was der Plan ist. Er nickt, lächelt, nickt und steigt ein.

Aus Quito rauszukommen, ist bereits eine Meisterleistung sondergleichen. Die Straßen platzen aus allen Nähten. 70% der Autos sind Taxen! Wir stehen ewig im Stau, Normalzustand hier. Es sind gerade mal 22 Kilometer zum Mitad del Mundo, trotzdem brauchen wir dafür locker eine Stunde.

Die Mitte der Welt, Füße auf die (ungefähre) Äquatorlinie

Gegen 10 Uhr schmeißt uns unser Fahrer am Eingang zum Mitad del Mundo bei San Antonio de Pichincha raus. Idiotensicher erklärt er mir mehrmals, er würde so in 1,5 bis 2 Stunden wieder genau hier stehen und auf uns warten. Si, comprende, muchas gracias.

Blick auf das Äquator-Monument mit der großen Weltkugel auf der Spitze

Wir befinden uns auf 2.483 Metern. Im Gegensatz zu gestern, brezelt heute die Sonne, es ist ordentlich warm. Für 5 Dollar pro Person kaufen wir Eintrittstickets und betreten das weitläufige Areal zum Äquatordenkmal. Dafür, dass wir an einem Touri-Hotspot sind, ist verblüffend wenig los.

Die Anlage ist wirklich schön angelegt. Hinter dem Eingang recken schillernd-bunte, große Kolibri-Figuren ihre Flügel in die Luft. Begeistert werden Handys und Kameras gezückt und ausgiebig der Fotoleidenschaft gefrönt. Also wenn wir in dem Tempo weitermachen und bereits nach 10 Metern ausgiebige Fotosessions veranstalten, reicht die Zeit nicht, bis unser Fahrer kommt, nehmen wir uns selbst auf die Schippe.

Eine der vielen, bunten Kolibri-Staturen

Das ganze Gelände ist mit Palmen, Bäumen und Blumen bepflanzt. Bereits von Weitem fällt der Blick auf das große Monument, dessen Spitze die Weltkugel krönt. Rundum stehen Büsten bedeutender Geografen, ein Planetarium, mehrere kleine Museen und Restaurants mit Souvenirläden.

Von dem Denkmal zieht sich eine dicke, gelbe Linie über das Areal und teilt die beiden Seiten in die Nord- und Südhalbkugel ein. Es ist kein Geheimnis, dass es sich bei der Bestimmung des Breitengrades 00°00’00“ an genau dieser Stelle, um einen Vermessungsfehler handelt.

Die „richtige Mitte der Welt“, also die tatsächliche GPS-Null-Linie des Äquators, befindet sich rund 250 Meter entfernt. Wirklich stören tut das hier niemanden. Mich am wenigsten. Stolz stelle ich einem Fuß auf die vermeintlich nördliche, den anderen auf die südliche Seite der Weltkugel.

Dem Äquator so nah und weltkugelhalbiert

In den Stockwerken des 30 Meter hohen Obelisken befindet sich ein ethnologisches Museum, das einen durch die Tierwelt der Galapagos-Inseln, indianische Kulturen, die Regionen Ecuadors und physikalische Kuriositäten führt.

Spezial-Waage

So weiß ich jetzt beispielsweise auch, wie viel ich mit Wanderschuhen auf der Sonne, dem Mond und am Nordpol wiege. Welch essentiellen Informationen!

Hat man alle Etagen durchquert, kommt man oben auf einer kleinen Plattform ins Freie, die einen wirklich tollen 360°-Panoramablick auf die ganze Umgebung bietet.

Toller Ausblick von der Plattform über das gesamte Areal (mit gelber Äquatorlinie)

Überaus empfänglich für derartige Spielereien, lasse ich es mir natürlich nicht entgehen, an der (wenn auch falschen) Äquatorlinie ein Ei hochkant auf einem Nagel aufzustellen.

Meerschweinchen, eine fragwürdige Delikatesse

Was weniger auf Begeisterung bei Ute und mir stößt, sind die Meerschweinchen, die – langgezogen auf Spießen – auf dem Grill geröstet werden. Während Ute die Flucht ergreift, muss ich es geschockt fotografieren. Ich wusste, dass Meerschweinchen in Ecuador als Delikatesse gelten. Dennoch ist der Anblick – besonders als Vegetarier – verstörend. Putzig hingegen ist die Bezeichnung der quirligen Tierchen. Man nennt sie in Ecuador „Cuy“, wegen den Lauten, die sie von sich geben.

Geschätzte Speise in Ecuador; gegrillte Cuys

Ein Blick auf die Uhr sagt uns, Taxi-Hombre wartet. Zurück zum Auto. Freudig winkend begrüßt er uns aus der Ferne wie langjährige alte Freunde.

Indiomarkt in Otavalo

Nächster Halt: Otavalo. Wir wollen uns Ecuadors größten Kunsthandwerksmarkt ansehen. Dass der Ort in der Provinz Imbabura so weit von Quito entfernt ist, nämlich etwa 95 Kilometer, war uns nicht bewusst. Es ist bereits 13:30 Uhr, als uns der nette Taxi-Hombre direkt am Marktplatz raus lässt.

Überall sitzen Einheimische entlang des Marktplatzes und vertreiben sich spielerisch die Zeit

Ich habe mir die richtigen Reisegefährten ausgesucht! Auch bei den Dreien hat das Motto „jetzt erst mal gepflegt nen Kaffee“ gerade alleroberste Priorität. So stürzen wir aus dem Taxi raus und in die nächstbeste Lokalität rein.

Kaffeeglücklich und von köstlich frischgepressten Säften durstgestillt, tummeln wir uns durch das sehr überschaubare Marktgeschehen. Wir sind spät dran und es ist unter der Woche, das dürfte die fehlenden Besuchermassen erklären. Kann uns ja nur recht sein.

Es gibt unendlich viele kunterbunte Malereien, Kleider, Mützen, Schals, Tischdecken, Taschen und etlichen Plunder. Bei Sommertemperaturen probieren wir an einem Stand die flauschig-warmen Alpaka-Pullover an. Könnte mir bitte mal eben jemand ein Deo reichen?!

Geschäftiges Verhandeln bei der Alpaka-Pulli-Anprobe

Ute, Bernd und Michael kaufen sich Überzieh-Alpakas, ich verzichte schweren Herzens. Ich halte sogar den spanischen Bequatschungen und Preisnachlässen des Verkäufers stand, der Pullover in allen Farben und Varianten anschleppt. Mein Rucksack ist so brechend voll, ich kann nichts mehr reinknäulen, was ich die kommenden 4 Wochen dann mitschleppen müsste.

Im Taxi des Leibhaftigen und die 5 Gebote

Die Rückfahrt hat es in sich! Taxi-Hombre ist mucho unter Zeitdruck. Entweder wartet zuhause die Holde mit dem Essen auf ihn, oder er muss die Kinder irgendwo abholen. Vielleicht auch nichts von alledem und er mag einfach nach Hause. So gechillt, wie er bis zum Mittag war, so unentspannt ist er nun. Es werden alle Register gezogen. Wir lernen jetzt die 5 Gebote der Straßenverkehrsordnung aus der Vorhölle kennen:

§ 1: Geize nicht mit der Lichthupe! Tritt dein Vordermann nicht bereits in der rot-orange-Ampelphase das Gaspedal durch, weise ihn unmissverständlich mit lichthupen (auch mehrfach) darauf hin.

§ 2: Überhole! Immer und überall. Auch in Kurven. Der Kurvenradius ist unwesentlich. Gegenverkehr ist zu ignorieren!

§ 3: Sicherheitsabstand ist was für Weicheier! Dem Vordermann ist bis zur Stoßstange aufzufahrn. Wie soll er sonst im Rückspiegel deine Augenfarbe erkennen?! Und vergiss die Lichthupe nicht.

§ 4: Wo du rasen kannst, rase! Und wo du nicht rasen kannst, rase auch! Das gilt auch in Kurven!

§ 5: Wer bremst verliert! Solltest du doch bremsen (du Weichei),dann abrupt. Die Mitfahrer und ihre Nackenmuskulatur werden es dir danken.

Meine Theorie, unser Fahrer ist vom Leibhaftigen besessen, hinkt. Denn wenn am Wegesrand der Lattengustl hängt (an dem er mit gefühlten 170 Stundenkilometern vorbeischmettert), nimmt er sich die Zeit (und die Hand vom Lenkrad), sich zu bekreuzigen. Also doch nicht vom Teufel befallen. Kurzfilme einer Ehefrau mit kreischendem Blag auf dem Arm, die mit schwingendem Nudelholz und kaltem Essen auf den verspäteten Gatten wartet, ziehen durch mein Kopfkino.

Die Fahrt ist anstrengend. Während der geplagte Mann hinter dem Lenkrad klemmt und wie ein Zoo-Elefant vor und zurück wippt, als versuche er dadurch der Teufelskarre zu mehr Schwung zu verhelfen, starrt Ute stoisch von der Rückbank durch die Windschutzscheibe, darauf bedacht, den Brechreiz zu unterdrücken. Auch mir isses dezent übel. Die Reisetabletten liegen im Hostel. Herzlichen Glückwunsch. Wer konnte auch ahnen, dass die Autofahrt einem Segeltörn im Atlantik während eines Orkans gleichkommt. Ich muss sicher nicht erwähnen, dass der spätere Stau in Quito keineswegs zur Entspannung des Fahrers und der Situation beigetragen hat…

Wir kommen um 16 Uhr am Hotel an. Alle leben noch. Einen kurzen Augenblick bin ich geneigt, mich auf den Bürgersteig neben das Taxi zu schmeißen, den Boden zu küssen, zu schalmeien und zu frohlocken. Bevor mich die Welle der Überlebensfreude gänzlich überschwemmt, verabschieden wir unseren Fahrer. Er hat ja noch immer Eile.

Als ich eineinhalb Stunden (!!!) später in meinem Hostel ankomme, bin ich zwar um ein paar hundert Dollar ärmer, dafür um Galapagosflüge reicher. Ich werde meine Reise also tatsächlich auf den Inseln ausklingen lassen. Whoop-whoop!

Ute, Bernd, Michael und ich haben uns für den Abend zum Essen verabredet. Bei mir um die Ecke gibt es ein leckeres mexikanisches Restaurant, in dem wir kulinarisch unser Überleben feiern wollen.

We survived Kamikaze-Taxi! Abschied beim Mexikaner.
So gerne wäre ich mit Ute, Michael und Bernd weitere Tage durch Ecuador gezogen…

Danach werde ich dann mal packen. Morgen früh heißt es „adios Quito.“

Ich freu mich riesig, wenn du mich auch im nächsten Teil begleiten magst und weiter mit auf die Reise gehst 🙂

(Teil 4 folgt)

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ECUADOR – 34 TAGE ABENTEUER HOCHDOSIERT, BITTE!

Teil 1: Höhenrausch in Quito

17./18. November 2019

Gelandet! Der Körper ist noch unschlüssig, ob er sich freuen oder wegen totaler Übermüdung rumnölen soll.

Seit dem Start in Mannheim um 3 Uhr früh, sind rund 23 Stunden vergangen. Erst ging es mit dem Flixbus nach Frankfurt, dann mit dem Flieger nach Paris und nach einem Stop von rund 4 Stunden weiter nach Quito.

Immer ein gutes Gefühl, wenn das Gepäck zur gleichen Zeit am gleichen Ort ankommt, wie man selbst! Jetzt noch Startkapital in Dollar umwechseln (ich mache ein verdammt schlechtes Geschäft, wie ich erst später kapiere) und draußen vorm Terminal ins nächste Taxi zum Hostel (vorsorglich von daheim für die erste Nacht gebucht).

Am Taxifahrer übe ich meine alten Restbestände an miesen Spanischkenntnissen. Er muss während der halbstündigen Fahrt für Test-Smalltalk herhalten und sieht großzügig über meine zusammengesetzten Scrabble-Wortfetzen hinweg. 

Hostel-Entertainment

Zimmerbezug im Hostel „Travellers Inn“. Eine mini Zelle in schweinchenrosa. Nicht die bevorzugte Farbe, dafür sauber und mit eigenem Bad. Das Zimmer wurde offensichtlich um das Bett herum gebaut, die Tür beginnt gleich dort, wo das Bett endet. Zum Glück bin ich ja recht platzsparend und meine paar Sachen aus dem Rucksack passen neben das Bett. Tatsächlich wurde sogar ein Fernseher in die kleine Ecke an die Wand gepackt.

Weitere Special Effects des Kämmerleins werden prompt präsentiert. Nix da mit stilles Kämmerlein! Nachbars Bad grenzt direkt an meines. Die Wände scheinen aus mikrodünnen Pressspanplatten zu bestehen. Es dringen ALLE Körperhygiene-Geräusche ungefiltert durch. Ich liege todmüde im Bett, als unfreiwilliger, akustischer Zeuge des benachbarten Toilettengangs. Da wurde scheinbar das Abendessen nicht so richtig vertragen…

Während ich weiterhin die Ohren nicht davor verschließen kann, wie „El Nachbar“ unermüdlich pfützenweise sein Innerstes nach außen kehrt, wünsche ich mir sehnlichst seine vorherigen Duschgesänge zurück. Dann ist Ruhe. Ich atme auf. Wer konnte ahnen, dass im Nachbarzimmer eine 3er-Männergruppe wohnt?! Resigniert ziehe ich mir die Decke über den Kopf, als Nummer 2 die Badezimmerbeschallung des Vorgängers übernimmt.

Um 6 Uhr startet man nebenan in den Nasszellen-Tag, wie er um 23 Uhr beendet wurde. Nach 30 sehr unappetitlichen Lauschübergriff-Minuten, versuche ich den Brechreiz mit lautem Hörbuchhören zu übertünchen. Nun ja, Nachbars haben die Challenge für sich entschieden.

Die 3 Prachtexemplare werden mir in all ihrer Leibhaftigkeit am Frühstückstisch serviert. Souverän hängen sie die schalltechnische Messlatte mit Frühstückskräckerknabberei und Kaffeeschlürferei nochmals einen Meter höher. Untermalt von permanenten Handygebimmel und Rundumzeige-Videoanrufen.

Erkundung der historischen Altstadt

An der Rezeption werde ich mit Stadtplan und guten Ratschlägen ausgestattet, dann stiefel ich in das 3 Kilometer entfernte Centro Historico. Meinen Rucksack halte ich, wie alle Locals, vor der Brust. Es hat wohl seinen Grund.

Auf dem Weg in die Altstadt entdecke ich die grünen Oasen der mit Autos, Taxen und Bussen vollgestopften Großstadt, deren Abgase das Atmen teilweise sehr unangenehm machen. Mehrere Parks bieten den Menschen hier wohltuende Rückzugsmöglichkeiten und sind auch immer gut besucht.

Parque El Ejido im Zentrum Quitos

Mir fallen die bunten Wandbilder auf. Noch weiß ich nicht, dass mich diese farbenfrohen Malereien die nächsten Wochen durch ganz Ecuador begleiten werden. Sofort liebe ich diese wunderschöne Kunst, die die grauen Wände um ein Vielfaches aufwertet und der Umgebung einen charismatisch-coolen Charme verleiht.

An einer Bushaltestelle frage ich eine Ecuadorianerin nach dem Weg. Sie entschließt sich kurzerhand, ihren Bus sausen zu lassen und mich zu begleiten. Unter ihrem Regenschirm, den sie als Sonnenschutz über uns aufgespannt hat, führt sie mich durch die Straßen und erklärt mir auf spanisch die Gebäude und Kathedralen. Mit einem freundlichen Händedruck und lieben Worten entlässt sie mich 20 Minuten später in die Altstadt.

Höchste Hauptstadt der Welt

Quito ist mit rund 2.850 Metern die höchste Hauptstadt der Welt. Jetzt bekomme ich das zu spüren. Mein Herz puckert und die Atmung wird schneller, sobald die Straßen ansteigen.

In Quito man ist man direkt am Äquator, an den Andenausläufern und zum Amazonas-Dschungel ist es nur ein Katzensprung. In der „Stadt des ewigen Frühlings“ ändert sich das Wetter schneller, als man eine Jacke an- und ausziehen kann. Strahlender Sonnenschein kann ziemlich schnell von heftigem Regen abgelöst werden und umgekehrt. Genauso schnell ändert sich die Temperatur. Generell ist das Wetter eine sehr abenteuerliche Sache in Ecuador, was ich noch am eigenen Körper spüren werde…

Quitos historische Altstadt

Die Altstadt hat Flair! Den ganzen Tag über lasse ich mich einfach durch die Straßen treiben, die Menschen und die fremde Umgebung auf mich wirken. Am Unabhängigkeitsplatz (Plaza de la Independencia) gerate ich in den montags stattfindenden Wachwechsel (was ich zu dem Zeitpunkt allerdings nicht weiß, während ich mich über das Großaufgebot an Polizei und Absperrungen wundere).

Am Boulevard 24 de Mayo genieße ich die Kraft der Sonne und lasse den Blick streifen. Gegenüber auf dem Hügel „El Panecillo“ (übersetzt „das Brötchen“), thront die beflügelte Patronin von Quito.

Boulevard 24 de Mayo mit der Virgen de Quito auf dem Hügel El Panecillo
Die Schutzpatronin Quitos, 45 Meter hoch und aus 7000 Aluminiumstücken gefertigt

Ich überlege, ob ich zum „geflügelten Brötchen“ hinauf soll. Die naheliegende Treppe durch die Ortschaft hoch kommt nicht in Frage. Die Warnung meines Hostelmanagers klingelt in meinem Ohr: „It’s dangerous, you could get lost!“ und auch der Reiseführer erwähnt häufige Überfälle auf Fußgänger. Ich entscheide mich gegen eine Taxifahrt, genieße einfach den Blick von unten und ziehe zu Fuß weiter.

Vorbei an mächtigen Kathedralen (wovon es in der tief gläubigen Stadt etliche gibt), Palästen, kleinen Parks und wunderschönen barocken Häusern, tingele ich durch das bunte Treiben der Altstadt. Überall stehen Menschen und verkaufen am Straßenrand Gemüse, Früchte und Süßigkeiten.

Banco Central de Quito
Klosterkirche San Francisco

Gegen Mittag ziehen dunkle Wolken auf. Die Sonne hat bereits dezente Spuren auf meinen winterblassen Armen hinterlassen. Man vergisst einfach zu schnell, wie nah man hier am Äquator ist. Selbst durch die Wolken ist die Strahlung enorm.

Pause. Ich setze mich am Plaza de la Independencia vor ein schnuckeliges Café. Der gegenüberliegende Präsidentenpalast ist inzwischen nicht mehr abgesperrt, die Polizei ist abgezogen.

Mittelpunkt der Altstadt; Plaza de la Independencia (Unabhängigkeitsplatz) mit der Freiheitsgöttin „Libertas“

Viele Möglichkeiten in und um Quito

Bei einer großen Tasse Cafe con leche, stöbere ich im Reiseführer und meinen Aufschrieben. Wie lange werde ich in Quito bleiben? Wie organisiere ich die nächsten Tage hier, was steht morgen an und wie komme ich am besten von A nach B? Ich bin überfordert. Es gibt in und um Quito einfach zu viel zu sehen, zu viel zu erleben. Wie entscheide ich, was ich mir ansehe, was weglasse? Aaahhh, ich will nix verpassen 🙂

Self-Brainstorming bei Kaffee; so viele Möglichkeiten…

Als ich bezahle, bin ich noch immer ratlos. Ein kleines Männeken (er ist tatsächlich noch kleiner als ich!) steht an der Kasse, mein Blick fällt auf das Schild hinter ihm: FREE HUGS HERE. Unwillkürlich lächele ich. Etwas verlegen deutet er auf das Schild, ich grinse breit und schwupps, stehen wir da und drücken uns ganz innig. Ach, was freut er sich. Und ich mich. Da strahlt das Herz, bei solch einer warmen, ehrlichen Umarmung.

Herzlicher Cafébetreiber, der Free Hugs verschenkt

Der Rückweg zum Hostel hält Überraschungen parat. Erst bekomme ich heftiges Nasenbluten (die Folgeschäden der trockenen Flugzeugluft), dann regnet und gewittert es. Ich warte den Schauer und das Nasenbluten ab und ziehe mit aufgeweichter Straßenkarte weiter. Nach 2 Stunden bin ich noch immer nicht im Hostel angekommen. Der Himmel macht plötzlich richtig die Schleusen auf. Es schüttet, als würde jemand Badewannen auskippen. Mitten auf der Straße springe ich in das nächste Taxi – davon gibt es hier mehr als genug – gebe dem Fahrer die Adresse durch und bin keine 5 Minuten später (davon standen wir 3 Minuten im Stau, weil in Quito immer Stau ist) zurück im Travellers Inn.

Jetzt eine heiße Dusche und dann sollte ich wirklich einen Plan für morgen machen…

(Teil 2 folgt)

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